Interpretationsforschung

Die Interpretationsforschung an der MUK wird im Wesentlichen durch folgende Säulen getragen: historisch informierte Aufführungspraxis, zeitgenössische Aufführungspraxis und Improvisationsforschung. Je nach Projekt oder Lehrveranstaltung steht sie eher der künstlerischen Forschung, der Musikwissenschaft oder der Entwicklung und Erschließung der Künste (EEK) näher und ist eng mit der Lehre verbunden.

Die Interpretationsforschung ist das Kernstück der Instrumentalausbildung an der MUK und findet als EEK, wissenschaftliche und künstlerische Forschung in theoriegeleiteten sowie praxisorientierten Lehrveranstaltungen statt — häufig auch in Verbindung dieser Disziplinen. Die Aufteilung in historisch informierte Aufführungspraxis und zeitgenössische Aufführungspraxis entspricht jenen Bereichen an der MUK, die seit vielen Jahren im Zentrum von Forschung und Lehre stehen, wodurch bereits ein gut ausgebautes Forschungsumfeld existiert.

Improvisationsforschung wird sowohl in den Bereichen der Alten Musik als auch der zeitgenössischen Musik und auch im Jazz betrieben, hängt aber auch eng mit dem Forschungsbereich Komposition / Musiktheorie zusammen. Die Zuordnung der Improvisationsforschung zur Interpretationsforschung erfolgte vor allem deswegen, weil Improvisation in den Lehrplänen aller Instrumentalstudien in den jeweiligen Studiengängen der Fakultät Musik stark vertreten ist und durch viele Projekte im Bereich der künstlerischen Forschung gefördert wird, die sich an Instrumentalist*innen richten. Je nach Forschungsvorhaben kann die Improvisationsforschung aber auch dem Bereich Komposition / Musiktheorie zugeordnet werden.

 

Wissenschaftliche Forschungsschwerpunkte

Bereits seit 2016 gibt es an der MUK eine kontinuierliche Forschungstätigkeit zu Ludwig van Beethoven, maßgeblich vorangetrieben durch Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke. Im Studienjahr 2016/17 war der amerikanische Beethoven-Experte William Kinderman als Gastprofessor an der MUK und veranstaltete neben Gesprächskonzerten auch ein Symposium mit dem Titel Utopische Visionen und visionäre Kunst: Beethovens Geistiges Reich — revisited in Kooperation mit dem IFK, der Universität Wien und dem Wien Museum. Ein daraus resultierender Sammelband wurde im März 2017 publiziert. 2018 wurde ein weiteres Symposium zu Beethoven veranstaltet, diesmal zur Ikonografie des Komponisten Beethoven visuell: der Komponist im Spiegel bildlicher Vorstellungswelten. Kooperationspartner*innen waren das IKM der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und die Beethoven Society for Music and Research. Die drei Hauptvortragenden, Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke, Univ.-Prof. Dr. Stefan Schmidl und Univ.-Doz. Dr. Werner Telesko, zeichnen auch für die gleichnamige Publikation im Jahr 2020 verantwortlich, die mit dem Claire Brooke Award 2021 ausgezeichnet wurde. Das Beethoven-Gedenkjahr 2020 wurde mit dem Festkonzert Beethoven im Gemeindebau am 16. Dezember 2019 eröffnet, bei dem nach einem Konzept von Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke auch Studierende der MUK gemeinsam mit Sänger*innen aus dem 1. Wiener Gemeindebauchor auftraten. Die öffentliche Wiener Vorlesung Wer war Ludwig van? fand 2020 mit den Podiumsgästen Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke, Univ.-Prof.in Dr.in Birgit Lodes (Universität Wien) und Univ.-Prof.in Dr.in Melanie Unseld (mdw) statt. Die besprochenen Werke des Komponisten wurden wiederum von Studierenden der MUK gespielt. Der „Revolutionär“ Beethoven wurde während der Ausstellung Beethoven Bewegt im Wien Museum ergründet. Im Zentrum des Beitrags von Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke und dem musikalischen Beitrag der MUK stand die Diskussion und (Ur-) Aufführung seiner unvollendeten Revolutionsoper Leonore Prohaska alias August Renz.

Das bereits abgeschlossene Forschungsprojekt Europäische Landschaften von Univ.-Prof. Dr. Stefan Schmidl erfuhr ebenfalls eine musikalische Umsetzung durch das Symphonieorchester der MUK unter der Leitung von Univ.-Prof. Andreas Stoehr in der Konzertreihe Entente musicale. Die Grundlage des Forschungsprojekts bildete das Verständnis, dass es sich bei Musik um ein Medium handelt, das mentale Vorstellungsbilder produziert. Darunter werden assoziative Vorstellungsgrundlagen verstanden, auf denen sich Identitäten, aber auch andere Orientierungs- und Deutungsmuster gründen. Insofern Europas nationale Diversität eine solche Imagination darstellt, konzentrierte sich das komparatistisch ausgerichtete Projekt auf die Frage, wie mit den Mitteln symphonischer Musik seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entsprechende Repräsentationen stattfanden. Ausgehend von der zentralen politischen Metapher „Landschaft“ wurden dabei unterschiedliche klangliche Evokationsstrategien analysiert. Im Jahr 2017 wurde die Publikation Evokationen der Natur. Europäische Landschaften in symphonischer Musik bei Schott verlegt. Weitere Informationen dazu sind der Homepage der MUK zu entnehmen:
https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/wissenschaftliche-forschungsprojekte/europaeische-landschaften.html
https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/eek/entente-musicale.html

Die Forschungsprojekte von Univ.-Prof. Dr. Stefan Schmidl und Timur Sijaric, BA BA MA, die sich mit Filmmusik auseinandersetzen (Das Österreich-Deutsche Melodram und seine Filmmusik, Filmmusik zur Ideologievermittlung der Wien-Film 1938—1945, Die Frau meiner Träume und Wachau Mythos), sind größtenteils musikwissenschaftlich ausgerichtet und daher enger mit dem Feld der Komposition (Editionen und Analyse) verknüpft. Es gibt aber dennoch Berührungspunkte mit der Interpretationsforschung, was sich v. a. in der Aufführung neu-edierter Filmmusik im Metro Kino durch Studierende der MUK zeigt. Weitere Details dazu sind auf der MUK-Homepage unter:
https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/wissenschaftliche-forschungsprojekte/das-oesterreichisch-deutsche-melodrama-und-seine-filmmusik.html https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/wissenschaftliche-forschungsprojekte/die-frau-meiner-traeume.html
https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/wissenschaftliche-forschungsprojekte/wachau-mythos.html

Im Bereich der zeitgenössischen Musik gibt es seit mehreren Jahren einen Schwerpunkt zu den Fragen von Notation und Aufführung, der bereits 2010 von Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke implementiert wurde und zu zahlreichen Arbeiten, Publikationen und Symposien geführt hat. Diesbezüglich ist das Symposium Notation: Imagination und Übersetzung aus dem Mai 2018 von Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke zu erwähnen, das im Jahr 2020 auch zur gleichlautenden Publikation führte, sowie weitere Forschungsarbeiten derselben. Weitere Informationen finden sich auf der Website unter:
https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/wissenschaftliche-forschungsprojekte/experiment-notation.html

Darüber hinaus ist auch die Tätigkeit des Interuniversitären Forschungsverbund Elfriede Jelinek im Bereich Notation und Aufführung von Relevanz, der in den Jahren 2020 und 2021 in mehreren Symposien, Vorlesungsreihen und Publikationen seine Arbeit im Bereich der Interpretationsforschung ausgehend von Fragestellungen zu Notation und Aufführung aufgenommen hat. Mitgewirkt haben hierbei an der MUK tätige Künstler*innen und Wissenschafter*innen, wie u. a. Univ.-Prof. Mag. Dirk D'Ase, Univ.-Prof.in MMag.a Julia Purgina, Bed, Univ.-Prof. Mag. Yuly Khomenko, Univ.-Prof. Dr. Stefan Schmidl, Ass.Prof.in Dr.in Rosemarie Brucher sowie Wissenschafter*innen der Universität Wien wie Univ.-Prof.in Dr.in Birgit Lodes, Ao. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Pia Janke, Ass.Prof.in Dr.in Anke Charton, MA u. v. m.; weitere Informationen finden sich unter: https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/kuenstlerische-forschungsprojekte/notation-und-auffuehrung.html
https://ifvjelinek.at/forschungsarbeiten/projekt-notation-und-auffuehrung/

Der Forschungsschwerpunkt Hausgeschichte. Zeitgeschichte widmet sich unter der Leitung von Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke und unter Mitarbeit von Univ.-Prof. Mag. Bernhard Parz und Mag.a Sabrina Frey seit 2021 der Erforschung des kammermusikalischen Schaffens des Exilkomponisten und Absolventen sowie Klavierdozenten einer Vorgängerinstitution der MUK, Hans Gál (1890—1987). Im Zuge des Symposiums perfectly in balance with myself wurde v. a. im Bereich der Tasteninstrumente Interpretationsforschung betrieben und es fanden auch künstlerische Workshops zur Interpretation der Kammermusik von Hans Gál statt. Die Erforschung von Exil-Komponist*innen und ehemaligen Lehrenden des Hauses ist ein Teil der Aufarbeitung der Geschichte der MUK und ihrer Vorgängerinstitutionen. Bereits 2018 wurde damit begonnen, systematisch die Hausgeschichte zu beforschen, v. a. die Geschichte der Musikschulen Wien während der NS-Zeit und die Auswirkungen der nationalsozialistischen Musikpolitik. Eine Präsentation der Ergebnisse wurde u. a. von Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke, Univ.-Prof. Wolfgang Dosch, Ao. Univ.-Prof. Dr. Dr. hc Gerold Gruber (mdw), Dr. Lynne Heller (mdw) und Uni.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb (Universität Wien) bei einem Symposium unter dem Titel Ideologische Lehr- und Lerngemeinschaft vorgenommen. Für den Zeitraum Oktober 2020 — Mai 2021 wurde auch eine Forschungsförderung der Kulturabteilung der Stadt Wien vergeben, um die Entstehungsgeschichte der MUK weiter aufzuarbeiten sowie ein Online-Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus zu erstellen. Das Online-Gedenkbuch ist als interaktive Seite konzipiert und wird durch die laufenden Forschungsergebnisse stets ergänzt: https://gedenkbuch.muk.ac.at

Weitere Informationen — auch zu weiterführenden Forschungsthemen in diesem Bereich und Publikationen — finden sich unter: https://muk.ac.at/zwf/forschungsprojekte/wissenschaftliche-forschungsprojekte/hausgeschichte-zeitgeschichte.html

 

Künstlerische Forschung

Interpretationsforschung in der zeitgenössischen Aufführungspraxis

Im Sommersemester 2020 wurde von Univ.-Prof.in MMag.a Julia Purgina, BEd gemeinsam mit Studierenden ein Forschungsprojekt zur musique concrète instrumentale Helmut Lachenmanns und der Entwicklung neuer grafischer Symbole für erweiterte Spieltechniken durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Mai 2020 auf der Homepage des Interuniversitären Forschungsverbunds Elfriede Jelinek präsentiert und sind dort als künstlerischer Forschungsbeitrag unter dem Titel Notation und Interpretation von grafischen Symbolen abrufbar (https://ifvjelinek.at/veranstaltungen/notation-und-auffuehrung-notation-und-interpretation-grafischer-symbole-2020/). Die erweiterte Verschriftlichung dieses künstlerischen Forschungsbeitrags erfolgte 2021 im Präsens Verlag. Die Einbindung in die Lehre ist in den Lehrveranstaltungen Zeitgenössische Aufführungspraxis und Kompositionstechniken des 20. und 21. Jahrhunderts sowie in Lehrveranstaltungen aus dem Bereich der Vertiefenden Theorien (z. B. im Sommersemester 2022 zu Streichquartetten der Avantgarde) erfolgt.

Im Studiengang Jazz wird EEK im Bereich der Interpretationsforschung betrieben. So werden beispielsweise Einflüsse der klassischen Musik im Jazz untersucht. Das eigens gegründete Contemporary & Conceptional Ensemble von Univ.-Prof. Lars Seniuk, MMus ergründet aus seiner künstlerischen Arbeit heraus diesen Spezialbereich und tritt regelmäßig mit Konzertprogrammen auf, u. a. im Oktober 2021 beim Festival memento mori mit Reflexionen zu Werken von György Ligeti. Ebenfalls im Herbst 2021 entstand eine Aufnahme, wo Werke von Alexander Skrjabin und Dmitri Schostakowitsch für dieses Jazz-Ensemble arrangiert wurden, ergänzt durch die Mitwirkung klassisch ausgebildeter Musiker*innen. Weitere Schwerpunkte des Ensembles sind Dodekaphonie, Minimal Music und freie Improvisation. Weitere Informationen: https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/eek/zeitgenoessische-klassische-musik-jazz.html

Ebenso befasst sich ein Forschungsschwerpunkt mit dem Verhältnis von Jazz und anderen Musiktraditionen (z. B. mit osteuropäischer Volksmusik, Musik aus Lateinamerika und Musik aus dem Nahen Osten). Auch hier wird Forschung mit Lehre in Form von Masterclasses, Vertiefenden Theorien und künstlerischer Ensemblepraxis verbunden. Hier einige Themen von Workshops aus den Jahren 2021 und 2022: Das Universum brasilianischer Rhythmen und ihre Anwendung in der Música Popular Brasileira mit Michael Ruzitschka, Türkische Musik und Jazz (Skalen, Rhythmen, Ornamentik, Mikrotöne, Komposition & Improvisation) mit Kristian Lind, Bulgarische Musik und Jazz (Skalen, Rhythmen, Odd Meter) mit Victoria Kirilova, MA und Indische Musik/Rhythmik mit Bernhard Schimpelsberger. Weitere Informationen: https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/eek/jazz-und-seine-einfluesse-aus-anderen-musiktraditionen.html

 

Interpretationsforschung in der historisch informierten Aufführungspraxis

Die Interpretationsforschung in der historisch informierten Aufführungspraxis wird an der MUK in Form von drei Veranstaltungsreihen konsequent betrieben — die Oboen Tage, die Haydn-Tage und Unikate. Darüber hinaus ist die Interpretationsforschung in der historisch informierten Aufführungspraxis stark an folgende Forschende und Lehrende gebunden: Jan Cizmar, PhD ist Herausgeber der Zeitschrift „Kytara“, einem Fachblatt für Gitarre und forscht an der Erschließung der musikalischen Geschichte des Schlosses Strassnitz in Ostmähren, ausgehend von vorhandenen historischen Instrumenten und Notenfunden in den Archiven des Schlosses. Für das Schloss Rohrau, das einst im Besitz der Familie Harrach war, gibt es ebenfalls ein Forschungsprojekt, das zu neuen Editionen und Erkenntnissen zu historischen Instrumenten und Interpretationsforschung führt. Weiters ist er Herausgeber mehrerer Editionen von Lautenmusik und forscht intensiv auf diesem Gebiet. Mag. Jörg Zwicker ist gemeinsam mit Mag.a Dr.in Susanne Abed-Navandi und Univ.-Prof.in Margit Legler der Herausgeber einer Edition der sechs Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach, wo die Solostimme um einen Generalbass erweitert wurde, um das harmonische Verständnis zu vertiefen.

Die regelmäßig stattfindende Unikate-Reihe im Bereich der historisch informierten Aufführungspraxis verbindet seit einigen Jahren künstlerische Aufführungen mit intensiver Quellenforschung zu bis dato unedierten Werken, die in den Archiven der Wiener Nationalbibliothek zu finden sind. Das Barockorchester und Solist*innen der MUK spielten in den letzten Jahren wiederentdeckte Werke von Nicola Porpora, Giovanni Bononcini, Johann Joseph Fux, Marc Antonio Ziani u. a., um diese besondere Musik aus den Archiven wieder hörbar zu machen. Darüber hinaus sollen in Zukunft Editionen der Unikate-Reihe die Forschungsergebnisse des Studiengangs Alte Musik zeigen und somit wesentlich zum Aufbau einer eigenen Schriftenreihe am ZWF beitragen. Herausgegeben wird die in Planung befindliche Editionsreihe durch Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Abed-Navandi.

 

Improvisationsforschung

Einen großen Stellenwert nimmt an der MUK der Bereich der Improvisationsforschung ein. An der Schnittstelle zwischen Komposition und Interpretation gelegen, ist die Improvisation selbst v. a. in den künstlerischen und wissenschaftlichen Lehrveranstaltungen im Bereich der Instrumentalausbildung angesiedelt. Improvisationsforschung an der MUK umschließt nicht nur rein musikalische Forschungen und Projekte. Vielmehr werden auch Disziplinen untersucht und erforscht, wo man mittels der Improvisation auch Erkenntnisse über gesellschaftliche Strukturen erhalten möchte — die Improvisation als künstlerisches Ausdrucksmittel, um interdisziplinäre Erkenntnisse zu generieren. Improvisationsforschung findet sowohl im Bereich der historisch informierten Aufführungspraxis als auch der zeitgenössischen Aufführungspraxis (Klassik, experimentell, elektronisch und Jazz) und der Musikvermittlung statt.

Die musikalische Improvisation wird in ihrer Gänze fachlich an der MUK vertreten durch Lehrende wie Univ.-Prof. Mikayel Balyan, Univ.-Prof. Nicholas Parle, MMus und Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Abed-Navandi im Studiengang Alte Musik; Univ.-Prof.in Dr.in Jean Beers, Eva Reiter, MMus (Komposition, Elektronik), Daniel Gottfried, MA MA MA (Orgel, Komposition, zeitgenössische Musik), Univ.-Prof. Grzegorz Stopa, Karl Barth und Gerhard Geretschläger im Studiengang Tasteninstrumente, Musikleitung und Komposition; Univ.-Prof.in MMag.a Julia Purgina, BEd, Mag. Martin Siewert, Mag.a Maja Osojnik und Mag.a Masha Dabelka aus den Studiengängen Saiteninstrumente sowie Blasinstrumente und Schlagwerk; sowie allen Lehrenden des Studiengangs Jazz.

Im Drittmittel geförderten künstlerischen Forschungsprojekt Transforming Instrumental Gestures (2022—2024, gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien; Fördersumme: EUR 149.000,—), unter der Leitung von Eva Reiter, MMus, wird explorativ und disziplinenübergreifend kollektives Musizieren als transformative gesellschaftliche Praxis untersucht. Traditionelle Klangkörper (Orchester, Ensembles) werden dabei als Modelle gesellschaftlicher Strukturen verstanden, weshalb ein Forscher*innenkollektiv neue Instrumente als alternative Kontaktflächen entwickeln wird, um bestehende instrumentale, körperliche und kommunikative Praktiken zu modifizieren. Die Forschungsgruppe fungiert dabei als emergentes Netzwerk und hat einen partizipativen Charakter. Die soziale Dimension rekurriert auf Kommunikationsbeziehungen, Kollaboration als Antriebskraft künstlerischen Schaffens und Transformationspotenzial entstehender Gefüge, die in post-pandemischen Zeiten neue Relevanz erlangen. In fortlaufenden Experimentalsituationen/Workshops treffen das Kernteam, die Projektpartner*innen und Studierende der MUK über einen Zeitraum von zwei Jahren ca. alle zwei Monate zusammen. Der partizipative Charakter des Projekts wird darüber hinaus in öffentlichen Hörräumen (Februar/Juni 2023) akzentuiert. Diese Forschung liegt an der Schnittstelle zwischen Komposition, Improvisationsforschung und Instrumentenforschung.

Projektleitung: Eva Reiter, MMus
Projektmitarbeit: Laura Strobl, BA (Koordination), Michiel Vandevelde (Choreograf).
Projektpartner*innen: Bernhard Leitner (Klang-/Raumkünstler), Univ.-Lekt. Mag. Nikolaus Gansterer (Bildender Künstler), Univ.-Prof.in Lucie Taïeb (Schriftstellerin), MMag. Alfred Reiter (Tontechniker), Matthias Bölli und Joachim Kunath (Instrumentenbauer), Tom de Cock, MA MA und Alessandro Baticci (Musiker), Angélica Castelló (Komponistin) und Theresa Dlouhy (Sängerin).

Weitere Informationen dazu finden sich auf der Projekthomepage: https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/kuenstlerische-forschungsprojekte/transforming-instrumental-gestures.html

Im Sommersemester 2021 gab es im Bereich der Improvisationsforschung eine kollaborative künstlerisch-wissenschaftliche Forschungsarbeit von Univ.-Prof.in MMag.a Julia Purgina, BEd und den teilnehmenden Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltungen Kompositionstechniken des 20. und 21. Jahrhunderts und VT Individuum-Collectivum: Dreierlei Notations-Arten von Improvisationen bei Vinko Globokar, die im Zuge der Ringvorlesung Text. Notation. Performance des Interuniversitären Forschungsverbunds Elfriede Jelinek der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Vorlesung Wozu überhaupt improvisierte Musik notieren? Theorie und Praxis eines vermeintlichen Widerspruchs wurde gemeinsam von PD Dr. Gregor Herzfeld (Institut für Musikwissenschaft, Universität Wien) und Univ.-Prof.in MMag.a Julia Purgina, BEd gehalten. Das künstlerische Forschungsprojekt geht von Vinko Globokars Sammlung „Individuum-Collectivum“ aus und reflektiert über die (Un-)Möglichkeiten, Improvisation auf verschiedene Weisen zu notieren. Weiters wurde auf die gesellschaftliche Implikation der Frage des Individuums und des Kollektivs eingegangen und diese Frage mit performativen Praxen der Kunstausübung in Verbindung gebracht.

Die interdisziplinäre Fallstudie Experiment Empathie in Kollaborativer Improvisation von Univ.-Prof.in Dr.in Jean Beers befasst sich mit dem Versuch, antagonistische Ästhetiken transdisziplinär durch kommunikative Improvisation zwischen Tanz und Klavier zu vereinen. Ziel ist es, durch gemeinsame Präsenz, aber auch durch das Zulassen von Absenz bzw. Reduktion im stilistischen Ansatz Empathie in künstlerischer Kommunikation zu entwickeln. Als Weiterführung dieser Grundlagenforschung wurden 2022 Fallstudien in hierfür konzipierten Lehrveranstaltungen durchgeführt: Ensemble Improvisation Experimentell und Composer / Performer Relations, geleitet von Univ.-Prof.in Dr.in Jean Beers. Hierbei werden Analysen über die Kollaborationsfähigkeit während des kreativen Prozesses erörtert und künstlerisch-wissenschaftlich hinterfragt sowie verschriftlicht.

Im Studiengang Jazz ist die Improvisation naturgemäß sehr stark vertreten; Improvisation und Improvisationsforschung sind ein integraler Forschungsgegenstand. Als Beispiel sei an dieser Stelle ein Forschungsprojekt von Univ.-Prof. Lars Seniuk, MMus erwähnt, in dem Impulse für Kunst und Gesellschaft in Zeiten der (digitalen) Globalisierung in Verbindung mit einer länderübergreifenden Improvisationstätigkeit im Bereich der interkulturellen Improvisation erforscht werden sollen. Das Besondere an diesem Projekt ist die Realisierung mit der Digitalen Bühne, einer Applikation für audiovisuelle Konferenzschaltungen. Einem hierfür gestellten Drittmittelantrag bei der Kulturabteilung der Stadt Wien wurde leider nicht stattgegeben, die weitere Forschungstätigkeit in diesem Gebiet ist aber geplant.