Der Schwerpunkt „Notation und Aufführung“ des interuniversitären Forschungsverbundes Elfriede Jelinek widmet sich, ausgehend vom Inszenierungscharakter und der jeweils spezifischen Materialiät von Elfriede Jelineks Texten sowie von ihren Techniken der Über- und Fortschreibung, den unterschiedlichen Notationsformen in den verschiedenen Künsten.
Das Spannungsfeld zwischen Notation und Improvisation, zwischen dem Text und seiner Aufführung bzw. dem Werk und seiner Inszenierung wird dabei sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch bzw. wissenschaftlich-künstlerisch erforscht.
Gefragt wird u.a. nach Unterschieden in der Materialität von textuellen, audio-visuellen und musikalischen, aber auch von nicht-abstrakten, körperlichen „Notationen“: Wie lässt sich die schöpferische bzw. archivierende Funktion von Aufzeichnungspraktiken in den unterschiedlichen Künsten beschreiben? Ist ein Werk erst im Moment der Aufführung „vollständig“? Welche Transformationen erfahren Notationssysteme im medialen Wandel?
Ein besonderer Fokus wird dabei auf Jelineks Arbeiten für das Theater, ihre Libretti für Musiktheater und Tanz, ihre eigenen Kompositionen und ihre Texte für die Kompositionen anderer Künstler*innen gelegt: Jelineks Bezüge zur Musik manifestieren sich nicht nur in ihren literarischen „Sprachpartituren“, sie komponierte auch selbst und verfasste Texte für Opern, Musik-und Theaterprojekte und beschäftige sich essayistisch mit dem Werk Franz Schuberts, den sie als ihren Lieblingskomponisten bezeichnete. Darüber hinaus nahmen zahlreiche Komponist*innen wie Patricia Jünger, Olga Neuwirth und andere Jelineks Werk zum Ausgangspunkt für ihre musikalische Arbeiten.
Der Forschungsschwerpunkt macht die bei Jelinek angelegte Verbindung zwischen Text und Musik und ihre intermediale und kunstübergreifende Vernetzung zum Programm und initiiert wissenschaftlich-künstlerische Arbeitsgruppen und interdisziplinäre und internationale Symposien und Workshops in Wien und New York sowie eine Ring-Vorlesung an der Universität Wien und der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien.
Ziel ist es, neue Forschungspositionen und Ansätze an den Schnittstellen von Wissenschaft und Kunst zu entwickeln, die sich in experimentellen Forschungsformaten mit Manifestationsformen von „Notationen“ und dem Prozesscharakter von Aufführungen im Spannungsfeld zwischen Partitur und Körper, Schriftlichkeit und Mündlichkeit sowie Text und Ereignis befassen.
Das Projekt „Notation und Aufführung“ startet mit vier Arbeitsgruppen, die zu spezifischen Fragestellungen arbeiten und dabei wechselseitig die jeweiligen Teilergebnisse reflektierend miteinbeziehen. Die Arbeitsgruppen setzen sich aus Mitgliedern der Universität Wien, der Musik und Kunst Privatuniversität, International Scientific Partners des Interuniversitären Forschungsverbunds sowie externen Kooperationspartner*innen zusammen.
Die Ergebnisse der Projektarbeiten werden der Öffentlichkeit laufend im Open Access auf der Homepage des Interuniversitären Forschungsverbunds Elfriede Jelinek sowie auf einem neu angelegten Portal zu Wissenschaft und Kunst öffentlich gemacht. Am 18.6.2020 folgt eine multimediale Best-Off-Präsentation der bisherigen Arbeitsergebnisse des Schwerpunkts, mit Kommentaren von Peter Weibel und Sybille Krämer.
Beiträge
Do 26.11.2020
Video-Gespräch
Schichten und Schichtungen: Komponieren im audiovisuellen Raum (ab 1:58:50)
Mit Dirk D'Ase, Anke Charton, Sophie Reyer, Stefan Schmidl, Stefan Schweigert, moderiert von Susanne Teutsch
Do 26.11.2020
Video-Gespräch
(De)konstruktion von Heroismus und Männlichkeit (ab 41:02)
Mit Rosemarie Brucher und Jorinde Voigt
Do 18.06.2020
Streaming Event
Eine Zwischenbilanz
Mit Kommentaren von Sybille Krämer, Clemens Risi und Peter Weibel
Mo 15.6.2020
Audiovisuelle Komposition
Dialog mit Corona
Von Dirk D'Ase, Sophie Reyer, Stefan Schweigert und Melanie Unseld
Fr 12.06.2020
Video-Performance
Verkörperungen: Zur Performativität von Notation in Theater und Tanz
Mit Karoline Exner und Jolantha Seyfried
Mi 10.06.2020
Online-Konzert
Notation und Interpretation grafischer Symbole
Mit Julia Purgina
Julia Purgina und Hannes Schöggl, Alessandro Traina und Tobias Meissl geben einen Einblick in ihr musikalisches Forschungslabor zu Notation und Aufführung. Vergleichbar mit dem „Einfrieren und Auftauen eines Gedankens“, wird die Notation als transformierender Prozess beschrieben, der sowohl von Seite der Komponist*innen als auch der Aufführung belebt werde. Grafische Symbole des Komponisten Helmut Lachenmann sind Ausgangsmaterial für ein Experiment, das als Online-Konzert nachzuhören ist.