Das künstlerische Forschungsprojekt von Constance Cauers versucht herauszufinden, an welchem Punkt aus Material Recherchekunst wird oder ob die Recherche selbst schon ein künstlerischer Vorgang ist. Wer sich näher mit dem Begriff des „Recherchetheaters“ auseinandersetzt, dem wird schnell deutlich, wie ausdifferenziert dieses Genre ist: „Recherchetheater“- das umfasst unterschiedlichste Formen wie Interviewprojekte mit professionellen Schauspieler*innen, Arbeit mit Expert*innen des Alltags, Bewegungsrecherche und auch – aber nicht nur –Formen des traditionellen Dokumentartheaters. Häufig wird jedoch in der Darstellung von den Theaterkreierenden selbst sowie auch in der Theaterkritik ob der unglaublichen Vielfältigkeit der Suchbewegungen doch recht pauschalisierend und beliebig von „Recherche“ gesprochen. Dabei sind doch die Ergebnisse aus Forschungsprozessen alles andere als beliebig – es sind die Folgen einer konsequenten Arbeit, die mit anderen Absichten, anderen Fragestellungen und anderen Techniken auch andere Ergebnisse hätte hervorbringen können.
Das Projekt versucht herauszufinden, an welchem Punkt aus Material Recherchekunst wird oder ob die Recherche selbst schon ein künstlerischer Vorgang ist. Zentrales Anliegen ist es dabei, die Forschungsmethoden, die vielfältigen Rechercheformen zu untersuchen, zu sortieren, zu systematisieren, zu ergänzen und zu archivieren. Relevante Fragen dafür sind: Ist Recherche lediglich notwendige Vorarbeit zur Material-Generierung, die sich journalistischer Methoden bedient und „irgendwie“ intuitiv abläuft? Welche speziellen Rechercheformen haben sich in den letzten Jahren herausgebildet? Wie werden die Texte produziert und welchem Mischverhältnis von „facts and fiction“ unterliegen sie? Gibt es moralische, juristische, soziale Grenzen der Recherche? Nach welchen Kategorien lassen sich Recherchemethoden ordnen? Legt die Recherche die Fundamente einer Sache frei, geht die Suche der „Sache auf den Grund“, strebt die Suche nach dem übergeordneten Ganzen, versucht sie Horizonte zu erweitern und Zusammenhänge zu schaffen? Oder bewegt sich die Suche vollständig in neue Bereiche und entdeckt bis dato Unbekanntes?
In Form eines „Archiv des Suchens“ wird versucht, die unterschiedlichen interdisziplinären Recherchemethoden zu verknüpfen, zu präzisieren und zu kategorisieren. Damit werden die unterschiedlichen Potentiale des Fragens und Forschens für die künstlerische Theaterpraxis konkretisiert und freigelegt.