OPENER
- Video-Projektion Sequenzen aus: „Wien in den späten 20er Jahren“, Kompilationsfilm von Wien-Aufnahmen aus den späten 1920er bzw. 1930er Jahren (zum Teil aus Spielfilmen ausgekoppelt). Vermutlich Schnittmaterial aus der Filmproduktion Frank Ward Rossaks, 13 Min. 16 Sek. mit Audiokommentar durch Schüler*innen der De la Salle Schule
[Audio-Zuspieler von Schüler*innen, die kommentieren, was sie sehen]
Ich finde am Bahnhof schaut es noch relativ gleich aus… Außer die Bahn… Die schaut sehr anders aus… Aber, ich finde, es ist zum Wiedererkennen… Ja… Und was ich ur arg finde, ist, dass die Kleidung bei jedem – für uns halt – so relativ gleich ausschaut… Das jeder einen Hut trägt… Ja… Und die Autos irgendwie durcheinander fahren, ohne Ampeln… Und sie sehen komplett anders aus … Vorm Kaffee Riedl und Beutel ist sehr viel los… Alle Männer mit Hut… Ich glaub fast nur Männer… Jetzt sieht man eine Straße… Und am Stephansplatz ist man früher noch drüber gefahren… Stimmt, das darf man ja jetzt gar nicht mehr… Jap… Die Straßenbahn ist süß, die ist so klein… Eine alte Straßenbahn ist zu sehen… Und der Polizist hat eine strengere Uniform würde ich jetzt mal sagen, als heuer, also als jetzt… Ja schaut viel mehr aus wie ein Soldat… Da gehen die Menschen einfach drüber, über die Straße… Jetzt sieht man wieder Autos… Und im Vergleich zu heute wäre es nicht möglich, dass die Leute einfach so, random, wenn man das so sagen kann, über die Straßen gehen… Ja, jetzt gibt’s ja auch Zebrastreifen… Jap… Das Riesenrad ist einfach eins zu eins gleich geblieben.
AUFTRITT
Iñigo: Das ist so verrückt, manche Dinge sind komplett anders als heute und andere irgendwie genau gleich. [Geht ans Klavier] Es gibt dieses Zitat: „Wenn Dinge 80 Jahre alt sind, sind sie wieder neu.“ Und das stimmt. Manchmal sieht man Bilder von den Eltern, als sie jung waren und denkt sich, nie im Leben werden solche Hosen wieder modern. Und ein paar Jahre später siehst du sie bei H&M auf der Stange. Manche Dinge kommen wieder. Bei Mode ist das nicht schlimm, aber bei manchen Dingen will man wirklich nicht, dass sie wiederkommen. Und dann fragt man sich: hätte ich auch so gedacht und gehandelt, wenn ich in der Zeit gelebt hätte? Aus heutiger Perspektive ist es zum Beispiel immer leicht zu sagen: nie im Leben hätte ich Frauen so behandelt. Aber hätte ich wirklich nicht? Da gibt es noch dieses andere Zitat: Die, die Geschichte nicht kennen, sind dazu verdammt, sie zu wiederholen. Und wir kennen die Geschichte gut genug, dass wir wissen, das wir das nicht wollen.
Sarina: Iñigo, stopp, wir sind hier nicht in der Schule.
Iñigo: Aber ich versuche doch gerade nur ein bisschen Kontext zu geben.
Sarina: Ja, aber warum sind die denn heute hier?
Iñigo: Naja, wenn wir ehrlich sind, sind die hier, weil die Lehrer sie gezwungen haben. Und die Lehrer wollen, dass sie hier etwas über die 1920er lernen und das mache ich gerade.
Sarina: Na klar, aber das geht doch auch etwas charmanter, ein bisschen liebevoller, zum Beispiel als Cabaret.
Iñigo: Ok, das kann ich
[Musik wechselt]
Sarina: Das ist schon viel besser! Hast du die denn schon begrüßt?
Iñigo: Nein.
Sarina: Herzlich Willkommen, Bienvenue, liebes Publikum!
Iñigo: Man darf auch hallo sagen und klatschen!
Iñigo: Nicht so viel, sie hat ja noch nichts gemacht. Aber sie kann, sie ist Sängerin.
Sarina: [Singt, Publikum applaudiert] Und am Klavier ist: Iñigo [Applaus]
Sarina: Und für ein Cabaret brauchen wir: Magieeee. Zum Beispiel mit den Laternen.
Iñigo: Historische Lanterna Magica, echte Projektoren von damals mit unglaublichen visuellen Effekten.
Sarina: Und wir brauchen Texte
Iñigo: Alles, was ihr in der nächsten Stunde hört, kommt aus historischen Zeitungen und Büchern.
Sarina: Und wir brauchen Licht [Lichtcue]
Sarina: Und natürlich… Musik!
WIEN, WIEN
- Rudolf Sieczyńsk/Wien: „Wien nur du allein“ (Klavier und Gesang)
Wien, Wien, nur du allein,
Sollst stets die Stadt meiner Träume sein.
Dort, wo die alten Häuser steh’n,
Dort, wo die lieblichen Mädchen geh’n.
Wien, Wien, nur du allein,
Sollst stets die Stadt meiner Träume sein.
Dort, wo ich glücklich und selig bin
Ist Wien, ist Wien, mein Wien.
Mein Herz und mein Sinn
Schwärmt stets nur für Wien
Für Wien, wie es weint, wie es lacht.
Da kenn ich mich aus,
Ja, da bin i halt z’haus,
Bei Tag und noch mehr bei der Nacht.
Und keiner bleibt kalt,
Ob jung oder alt,
Der Wien, wie es wirklich ist, kennt.
Müsst ich einmal fort
Von dem schönen Ort,
Dann nimmt meine Sehnsucht kein End.
Dann hört ich aus weiter Ferne ein Lied,
Das klingt und singt,
Das lockt und das zieht:
Wien, Wien, nur du allein
Sollst stets die Stadt meiner Träume sein.
Dort, wo die alten Häuser steh’n,
Dort, wo die lieblichen Mädchen geh’n.
Wien, Wien, nur du allein
Sollst stets die Stadt meiner Träume sein.
Dort, wo ich glücklich und selig bin
Ist Wien, ist Wien, mein Wien.
NACHRICHTEN-KARUSSELL
Sarina: Gut. Fangen wir an. Wir hören verschiedene Nachrichten aus dem Jahr 1923.
- Erik Satie: aus: La Belle Excentrique, „Ritornello“ (Klarinette, Geige, Kontrabass, Klavier)
Sarina: „Der Österreicher hat allen Grund, dem neuen Jahr mit besonderen Erwartungen entgegenzusehen. Mit besten Wünschen für das neue Jahr tritt Österreich über die Jahresschwelle, denn es will leben und nach Jahren der Entbehrungen, der politischen und ökonomischen Zerstörung an eine bessere Zukunft glauben. Das neue Jahr wird zeigen, ob dieser hoffnungsvolle Glaube, der im Blut der Österreicher steckt, Berechtigung hat oder nicht. Es ist das entscheidende Jahr, das mit dem heutigen Tage angebrochen ist und das Zeigen wird, ob die Ärzte, die am Krankenbett Österreichs stehen, Heilkünstler oder Pfuscher sind.“
Viola: Wien, 1. Juni 1923: Demonstrationen gegen die Teuerung. Auf dem Markt verlangten gestern Männer und Frauen vom Magistrat einen energischen Preisabbau!
Elena: Wien, 28. Juni 1923: Uraufführung. Richard Strauß hat sein Ballett „Schlagobers“ fertiggestellt, das er Wien gewidmet hat.
[Tableau vivant]
Fynn: Wien, 1. Januar 1928: Gesucht! Kompagnon oder Kompagnonin mit 2000 Schilling für die Eröffnung eines Obst- und Gemüseladens!
Nia: Wien, 23. Juni 1923: Überraschungssieg. Im Entscheidungsspiel gewann Rapid überraschend 4:1.
[Tableau vivant]
Isabelle Q: Wien, 1. Juni 1923: Ein Rekordflug. Die gesamte Strecke von München bis zu den Donauwiesen bei Wien wurde mit einem Metallflugzeug in nur 140 Minuten zurückgelegt.
[Tableau vivant]
Linda: Wien, 14. Mai 1923: Warum die Wohnungsnot? Hunderte und Hunderte suchen eine Wohnung! Die Politik könnte das Problem in wenigen Wochen beheben, denn Wohnungen gibt es genug in Wien. Sie werden nur von großen Konzernen für Geschäftszwecke besetzt.
Amy: Wien, 3. Januar 1922: Frauenkonferenz. Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeitsleistung – das forderten die Genossinnen bei der Frauenkonferenz.
[Tableau vivant]
SCHATTENTHEATER
[Eine mobile Leinwand wird aufgebaut. Die folgende Geschichte wird als Schattentheater nachgestellt.]
Patricia: Die Polizei beschäftigt sich zurzeit mit einer höchst rätselhaften Kriminalaffäre, die gerade zu romanhaft anmutet. Dieses Jahr, im Jänner 1928 starb eine junge Gräfin. Die unverheiratet gebliebene, auffallende Schönheit und ihre Schwester hatten fast ihre gesamte Familie im Krieg verloren. Sie besaßen deswegen ein gewaltiges Vermögen von tausenden von Schilling. Sie wurde viel umschwärmt, doch niemandem schenkte sie Gehör. Eines Tages traf sie durch Zufall einen angeblich entfernten Bekannten, den sie zum Tee einlud. Den Nachmittag verbrachten die beiden ganz alleine im Haus, denn das Dienstmädchen waren fortgeschickt worden, um Besorgungen zu machen. Als diese abends um 9 Uhr zurückkehrte, fand sie die Herrin tot auf dem Sofa liegend. Auffallender weise war der Rosenstrauß, den der Gast der Gräfin geschenkt hatte, spurlos verschwunden. Auch eine größere Summe Geld und wertvoller Schmuck fehlten. Zunächst ging man davon aus, dass sie an einem Hirnschlag gestorben sei. Abere wenige Wochen später, erhielt auch ihre Schwester einen Strauß vergifteten Rosen von einem Unbekannten und wäre um ein Haar daran gestorben. Die polizeilichen Ermittlungen blieben bisher ergebnislos. Jegliche sachdienlichen Hinweise sind sehr willkommen.
ATOMENERGIE
- Henry Cowell: aus: aus: 3 Irish Legends, HC 354, „The Tides of Mannannaum“ (Klavier)
Inigo: 1922: In Kalifornien beginnt der amerikanische Komponist Henry Cowell, an seinem Flügel mit Klängen zu experimentieren. Er komponiert: „The voice of Lir“ – ein Stück über einen irischen Mythos, in dem es um die Erschaffung der Welt geht. Der Gott, der diese Welt erschafft, hat nur eine halbe Zunge und kann deswegen nur die Hälfte seiner Befehle ausführen… Fast 10.000 km davon entfernt schreibt im gleichen Jahr der österreichische Wissenschaftler Dr. Gustav Harter einen Artikel über eine gerade neu entdeckte Energiequelle, die gleichermaßen Hoffnungen und Sorgen auslöst: die Atomenergie… Er schreibt: „Vorläufig ist noch höchst zweifelhaft, ob die Menschheit eine genügende Reife besitzt, um das neue Geschenk, das die wissenschaftliche Forschung ihr bald in den Schoß werfen wird, auch zum eigenen Besten einzusetzen; ob sie die neuen, unerhörten Möglichkeiten, die sich ihr dadurch eröffnen werden, nicht — wie alle bisherigen Erfindungen und Entdeckungen — abermals zur Schaffung immer furchtbarerer Mordwerkzeuge ausnützen wird, anstatt sie endlich einmal dem einzig menschenwürdigen Zweck dienstbar zu machen: der Linderung von Not und Elend.“
KAFFEEHAUSKONFLIKT
[Über Lautsprecher und auf der Bühne erklingt die Geräuschkulisse eines Kaffeehauses]
Sara: „Jedes Jahr im Frühling werden in Kaffeehäusern in der Nähe des Opernringes alleinstehende Mädchen und Frauen, die dort harmlos einen „Braunen“ trinken wollen, im Auftrag des Ladenbesitzers zum Verlassen des Lokals aufgefordert – oft in sehr unhöflicher Weise. Wehe der Frau, die es wagt, eines dieser Lokale alleine zu betreten. Man sollte meinen, dass es die Aufgabe eines Kaffeeschänkers ist, seinen Gästen guten Kaffee vorzusetzen. Aber nein! Weibliche Gäste, die irgendwie verdächtig scheinen, erhalten keine Getränke und keine Zeitungen. Dass sich viele der beleidigten Mädchen und Frauen eine derartige Behandlung nicht gefallen lassen, ist selbstverständlich – insbesondere die Damen, die zufällig allein ins Lokal kommen! Das ist ein Skandal. Ein Skandal, wie er einer Großstadt wie Wien unwürdig ist.“
MASKULINUM-FEMININUM
Sarina: Ist das nicht eine krasse Geschichte? In den 1920er Jahren konnten Frauen noch nicht mal nachmittags allein ins Kaffeehaus gehen, ohne irgendwie „verdächtig“ zu erscheinen und wurden sogar rausgeworfen. Das hätte mich genauso aufgeregt wie den Autor von der Zeitung, den wir gerade gehört haben. Immer sollten sie einen Mann oder wenigstens eine Freundin dabei haben. Kein Wunder, dass sich viele sowas und andere Gängelungen nicht gefallen lassen wollten und sich organisierten, um für Frauenrechte zu kämpfen. In der frühen Frauenbewegung ging es auch viel um das Verhältnis zu Männern. Und die Grenzen zwischen Männern und Frauen waren – damals wie heute – nicht immer ganz klar gezogen.
- Mischa Spoliansky/Marcellus Schiffer: „Maskulinum – Femininum“ (Gesang, Klavier)
War ein Maskulinum und ein Femininum,
Hatten beide sich so gern!
Sprach das Maskulinum zu dem Femininum
„Ich vertrau dir etwas ganz intern!“
Du bist Femininum, doch sehr maskulinum,
Ich bin maskulinum doch sehr femininum.
So ein Maskulinum und ein Femininum
Die sind heutzutage streng modern!
Darum liebes Femininum, sei mein Maskulinum,
Ich dein Femininum und dann,
Was uns beiden fehlte,
Was uns beide quälte, ist vorbei.
Und das Femininum ging als Maskulinum,
Trug ’nen Frack und einen Stock,
Und das Maskulinum ging als Femininum,
Trug die Haare lang und einen Rock,
Und das Femininum kämpft’ fürs Maskulinum,
Und das Maskulinum kocht’ fürs Femininum,
Doch das Maskulinum und das Femininum schossen beide einen Bock!
Ja, ja, denn das Femininum bleibt fürs Maskulinum
Doch das Femininum
Und schwupps, was beiden fehlte,
Was sie beide quälte, war vorbei.
Denn ein Femininum bleibt ein Femininum,
Wo es weiter keiner sieht!
Und ein Maskulinum bleibt ein Maskulinum
Mit den Männern stets in Reih’ und Glied!
Und das maskuline starke Femininum
Schenkt dem femininen schwachen Maskulinum
Etwas schwaches, starkes masku-feminines,
Einen kleinen Hermaphrodit!
Ja, ja, ein neutrales Neutrum;
Ein fatales Neutrum,
Ein totales Neutrum.
O Gott, wie dieses Maskulinum
macht das Femininum nutt, nutt, nutt.
MODE & MAKE-OVER
Sarina: Wie gut sie aussahen. Mode und Styling waren damals schon ein großes Thema. Deshalb wollen auch wir gleich ein kleines Umstyling machen und brauchen dafür zwei Freiwillige. Dürfte ich meine beiden Assistentinnen bitten, mir zwei Damen zu bringen?
[Sara und Shirin holen zwei Freiwillige aus dem Publikum]
Sarina: Die beiden werden für wenige Minuten hinter der Bühne verschwinden und bereit für die nächste Nummer gemacht. Währenddessen schauen wir mal, was damals modern war.
- Video-Projektion einer Sequenz aus: „Der Lohn der guten Tat“ - Lotteriewerbung, A 1928, DB: Fini Sollender, K: Rudolf Mayer, Format: 350 Meter, 14, 9 Min. mit Neuvertonung durch Schüler*innen der De la Salle Schule
Sabrina: Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?
Isabella Q.: Ja danke, ich such’ einen Hut. Naja, bei dem bin ich mir leider nicht so sicher. Aber was ist mit dem anderen da?
Sabrina: Probieren Sie mal den hier, der ist der letzte Schrei aus der neuesten Kollektion, ich glaube der würde Ihnen perfekt passen. So, ja, schauen Sie mal in den Spiegel.
Isabella Q.: Mhm, ja, der passt schon gut. Naja, bei dem bin ich mir jetzt nicht so sicher. Aber wow, ich sehe schon echt hot aus. Mhm, aber könnten Sie mir vielleicht nochmal den Schwarzen zum Probieren geben? Oh, der is es. Definitiv. Der ist gekauft. Smash!
DATING
Sarina: Eine Frage, die sich junge Leute in den 1920er genauso gestellt haben wie heute war: wie finde ich den perfekten Partner oder die perfekte Partnerin? Manche schalteten Anzeigen in Zeitungen, z.B. [Projektion Anzeige] „26-jährige Dame, vermögend, mit großer Wohnung, sucht Lebensgefährten, erwünscht Bankbeamter oder Geschäftsmann; nur ernstgemeinte Anträge werden akzeptiert. Stichwort: Blond“. Meldete sich jemand vielversprechendes, war es Zeit für das erste Date. Nur nach links swipen konnte man leider noch nicht, auch wenn man sich das manchmal gewünscht hätte.
- Video-Projektion einer Sequenz aus: „Seff auf dem Wege zur Kraft und Schönheit“ - Milchwerbung, A 1927, Regie: Robert Reich, 570 Meter, 21 Min. mit Neuvertonung durch Schüler*innen der De la Salle Schule
Amy: Wo ist’n der Typ? Ist das der? Oh Gott. Der sieht ja komplett anders aus. Der is ja voll der Catfish. Hätt’ ich mir denken sollen, immer diese Filter heutzutage. Ach, schlimm. Kann ich noch wegrennen? Mm… nope! Er hat mich gesehen, naja, das wird schon. Ein Versuch ist es ja wert. Ich, ich schaff das schon irgendwie. Naja, höflich ist er irgendwie schon, aber er rückt mir ziemlich auf die Pelle. Äh, lass bitte meine Hand los? Hä… Oh, ulala, wer is denn dieser hotte Typ? Ich hätt’ mir den klären sollen, der sieht eh viel besser aus. Der hier soll mir erst mal schreiben, wenn er ein Glow Up kriegt. Hoffentlich mach ich ihm nicht zu große Hoffnungen. Auf nimmer Wiedersehen!
Sarina: Aber manchmal ging es auch gut! Man traf sich, sah sich und versuchte sein Glück.
- Video-Projektion einer Sequenz aus: „Der Lohn der guten Tat“ - Lotteriewerbung, A 1928, DB: Fini Sollender, K: Rudolf Mayer, Format: 350 Meter, 14, 9 Min. mit Neuvertonung durch Schüler*innen der De la Salle Schule
Enya: Oh mein Gott, er verspätet sich. Typisch Mann. Endlich, wenigstens ist er gut aussehend.
Philipp: Grüß Gott, schöne Dame, sind Sie die Frau aus der Annonce?
Enya: Ich? Ja genau, die bin ich.
Philipp: Ich hoffe, Sie haben nicht zu lange gewartet.
Enya: Hmm, naja, nicht tragisch.
Philipp: Wie wäre es mit einem Spaziergang?
Enya: Es wäre mir ein großes Vergnügen.
Philipp: Mhm, dürfte ich Ihnen ein Kompliment machen? Sie sehen ja noch viel schöner aus als auf den Bildern.
Enya: Das macht mich ja ganz verlegen.
Philipp: Mhm, was denken Sie? Wollen wir unser Glück versuchen?
Enya: Ok! Warum nicht?!
TEESTUNDE
Sarina: Ob verheiratet oder ledig – ein adäquates Verhalten und ein bisschen Etikette durfte damals nicht fehlen. Und: nennt mich konservativ, aber ich finde, das würde auch den Damen von heute nicht schaden. Fangen wir also an mit einer kleinen Lektion:
Damen lässt man in den meisten Fällen beim Durchschreiten einer Tür vorangehen. Will man die Dame aber vor neugierigen Blicken schützen, geht der Herr voran. Freilich assistiert der Herr der Dame beim Setzen! Beim Sitzen hält man sich aufrecht. Insbesondere sitzt man nicht gekrümmt oder lässig zurückgelehnt. Niemals sitzt man mit weit auseinandergespreizten Knien. Man sitzt nicht auf der vorderen Kante des Sessels und schlingt die Füße nicht von innen um die Stuhlbeine. Mitunter wird es als zweifelhaft betrachtet, ob man, besonders als Dame, mit übergeschlagenen Beinen sitzen darf. Doch müssen hierbei die Knie möglichst nahe beieinander bleiben und darf beilebe nicht das überschlagene Bein so hochgezogen werden, dass es mit dem äußeren Knöchel auf dem Oberschenkel des anderen Beines ruht. Die vornehmste Haltung jedoch ist, die Knie eng beisammen, während der rechte Fuß leicht hinter den linken gesetzt wird und eine Neigung zur linken Seite hat. Das Gesicht ist hier entspannt, jedoch werden die Augenbrauen in interessierter und zuhörender Weise gehoben, wobei man wohlwollend lächelt. Auf einem größeren Servierbrett werden die gefüllten Tassen herumgereicht. Man nehme die Untertasse mit der linken und die Tasse mit der rechten Hand, wobei das Abspreizen der Finger als unschön gilt. Bei Gesprächen hat man aufmerksam zuzuhören. [Nicken affektiert] Ein spontanes, natürliches Lachen ist akzeptabel. Ein optimales Gesprächsthema ist Kunst oder Literatur.
Sara: Kürzlich war ich bei einer großartigen Veranstaltung der Wiener Festwochen!
Matilde: Wissen Sie, wen ich gestern Abend im Museumsquartier getroffen habe?
Sarina: [Unterbricht] Klatsch ist hier unbedingt zu vermeiden! Sollte man vorzeitig die Teestunde verlassen müssen, muss man eine gute, unverfängliche Begründung vorbringen
Nandi: Entschuldigen Sie bitte, aber wir beiden sind kurzfristig beim Botschafter eingeladen worden.
Sara: [Zu den anderen beiden] Und Sie?
Sarina: Einen Applaus für die Freiwilligen!
SCHOSTAKOVITSCH
- Dmitri Schostakowitsch, Trio Nr.1, c-moll, op.8, 1. Satz
STADT DER ZUKUNFT
Matilde: Die Idealstadt der Zukunft folgt einer völlig neuen Ordnung. Die öffentlichen Wege werden in die Luft verlegt, auf die Dächer der Gebäude. Eine endlose Kette auf- und abwärts sich bewegender Plattformen und Vertikalaufzüge wird die Verbindung der Dachstraßen mit den Unterstraßen herstellen. Die Schaufenster wird man nur noch auf den Dächern finden, genau wie Gärten und andere Orte zur Erholung und Ruhe. Lungen für den Atem der City. Der Autoverkehr bleibt allein den Unterstraßen reserviert. Die Straßen der Zukunftsstadt werden nachts durch Vakuum gesäubert, Staub und Schmutz werden in weitestem Maße verschwinden. Es gibt Fahrstühle zur Untergrund-Expressbahn, die die Passagiere von den Flugplätzen an die Citygrenzen heranbringt. Innerhalb des Wohnhauses der Zukunft wird die größte Einfachheit regieren. Alle mechanischen Vorrichtungen werden ihm fehlen, da man alles durch das Drehen eines Schalterknopfes von einer zentralen Quelle regeln kann.
JONNY
Iñigo: Am 31. Dezember 1927 kam die Oper „Jonny spielt auf“ nach Wien.
Sarina: Eine großer Eklat, denn es war keine gewöhnliche Oper.
Iñigo: Krenek hatte eine Jazzoper geschrieben.
Sarina: Und nicht nur darüber regte man sich auf, sondern auch über die Story der Oper:
Iñigo: Die Amerikanisierung Europas!
Sarina: Es ging nicht um antike Sagen, wie sonst oft in Opern, sondern um eine hochaktuelle Frage:
Iñigo: Wird Amerika Europa überrollen?
Sarina: Nicht nur das war ungewöhnlich.
Iñigo: Jonny, die Hauptfigur der Oper war schwarz.
Sarina: Die Oper wurde heiß diskutiert.
Iñigo: Es gab aber noch kein Twitter, wo man online seinem Ärger Luft machen konnte.
Sarina: Also schrieb man Kritiken in Zeitungen.
Iñigo: Und was in der Zeitung stand, wurde im Kaffeehaus diskutiert.
Sarina: Natürlich ist es erst befremdlich, wenn man im altehrwürdigen Wiener Opernhaus die Klänge einer Jazzband und eines Saxophons vernimmt.
Isabelle: Aber das war mit Neuerungen doch immer so.
Isabella Q.: Er hat ein Fenster aufgestoßen. Dadurch strömt frische Luft in die verstaubte Atmosphäre der Oper.
Iñigo: Mir scheint, daß der Oper als Kunstgattung nur dadurch geholfen werden kann, dass man sie grundsätzlich totschlägt.
Sara: Diese Oper ist jedenfalls eine Katastrophe.
Sarina: Quatsch. Krenek will wirken und er wirkt! Er ist ein junger Musiker, der wirklich jung ist und so bunte Einfälle hat, wie sie nur junge Leute haben.
Isabelle: Er lebt wirklich in unserer Zeit.
Isabella Q.: Endlich mal jemand, der über heutige Probleme schreibt.
Iñigo: Diese Oper hat mit Weltanschauung nichts zu tun. Krenek ist Bühnenmensch und sonst nichts.
Sara: Es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass er das Problem Amerika-Europa gedanklich auch nur annähernd erfasst hat.
Iñigo: Ach diese Musikpest aus Amerika ist nur eine Mode unserer krankhaften Zeit.
Sara: Wir Wiener hoffen, dass die Seuche alsbald durch unsere Musik niedergerungen werden wird.
Sarina: Und dennoch. Jonny geht als Sensationsoper um die ganze Welt. Nicht nur die Operntheater Europas, sondern auch Amerikas reißen sich um sie.
Isabella Q.: Aber sein Buch ist spannend, schmissig und effektvoll.
Isabelle: Er ist der neue Richard Wagner.
Iñigo: Richard Wagner? Ohrenzerreißende Jazzrhythmen sind unter seiner eh einfallslosen Musik. Und dann wird in verrücktem Zappeltanz weitergetanzt. Nein, nein und tausendmal nein.
LILA LIED
- Mischa Spoliansky, „Lila Lied“ (Klarinette, Geige, Kontrabass, Klavier, Gesang)
Was will man nur? Ist das Kultur,
Dass jeder Mensch verpönt ist,
Der klug und gut, jedoch mit Blut
Von eigner Art durchströmt ist,
Dass grade die Kategorie
Vor dem Gesetz verbannt ist,
Die im Gefühl bei Lust und Spiel
Und in der Art verwandt ist?
Und dennoch sind die meisten stolz,
Dass sie von anderm Holz!
Wir sind nun einmal anders, als die andern,
Die nur im Gleichschritt der Moral geliebt,
Neugierig erst durch tausend Wunder wandern,
Und für die ′s doch nur das Banale gibt.
Wir aber wissen nicht, wie das Gefühl ist,
Denn wir sind alle andrer Welten Kind;
Wir lieben nur die lila Nacht, die schwül ist,
Weil wir ja anders als die andern sind.
Wozu die Qual, uns die Moral
Der anderen aufzudrängen?
Wir, hört geschwind, sind wie wir sind,
Selbst wollte man uns hängen.
Wer aber denkt, dass man uns hängt,
Den müsste man beweinen,
Doch bald gebt acht, es wird über Nacht
Auch unsre Sonne scheinen.
Dann haben wir das gleiche Recht erstritten,
Wir leiden nicht mehr, sondern sind gelitten.
Wir sind nun einmal anders, als die andern,
Die nur im Gleichschritt der Moral geliebt,
Neugierig erst durch tausend Wunder wandern,
Und für die’s doch nur das Banale gibt.
Wir aber wissen nicht, wie das Gefühl ist,
Denn wir sind alle and’rer Welten Kind;
Wir lieben nur die lila Nacht, die schwül ist,
Weil wir ja anders als die andern sind.
QUIZ
Sarina: Meine Damen, meine Herren, wir nähern uns dem Höhepunkt!
Iñigo: Ein Jahrhundertereignis. Wir spielen eine famose, glamouröse Runde…
Zuspieler: Tusch, „Damals oder heute – fragen wir die Leute!“
Sarina: Wie 1, 2 oder 3, letzte Chance vorbei.
Iñigo: Nur besser! (und pädagogisch sehr wertvoll, liebe Lehrerinnen und Lehrer)
Sarina: Als erstes brauchen wir 10 Freiwillige, dürfte ich meine charmanten Assistentinnen erneut bitten, mir 10 Personen zu bringen?
Iñigo: Und nun alle aufpassen, es folgen die Regeln.
Sarina: Gleich hört und seht ihr ein Zitat und müsst raten, stammt es aus den 1920er oder 2020er Jahren also von damals oder heute?
Iñigo: Zum Beispiel: „Rekordprofite für Landwirte: Warum Österreich dennoch kein Bauernparadies ist“
Sarina: Dann hört ihr diese Musik und könnt überlegen.
Und wenn ihr hört: [Zuspieler: Damals oder heute, fragen wir die Leute!]
Sarina: Springt ihr nach links (für damals)
Iñigo: oder nach rechts (für heute)
Sarina: Für jede richtige Antwort bekommt ihr einen Punkt. Alles klar? Los geht’s?
Iñigo: Nächste Frage: Alles wird teurer! Unerschwingliche Preise für Schuhe und Kleider in Aussicht [Auflösung: Damals] 1923 war das große Inflationsjahr, noch mehr als in diesem Jahr.
Sarina: Kuss: Lesbisches Paar aus Kaffeehaus verwiesen [Auflösung: Heute] Das war 2015 im Café Prückl im 3. Bezirk und wurde ein großer Aufreger.
Iñigo: Die Energiequellen der Zukunft: Die Nutzung der Windenergie als Reaktion auf die schwindenden Ölvorräte [Auflösung: Damals] Hättet ihr gewusst, dass es schon in den 1920er Jahren Windräder zur Nutzung von Windenergie gab, wie das Öl knapp wurde?
Sarina: Noch immer gibt es junge Frauen, die sagen: „Ich möchte lieber ein Mädchen haben als einen Jungen, weil man das hübscher anziehen kann“, aber die Sorte Mütter, die ihre Töchter mit einer Puppe verwechseln, sind glücklicherweise im Aussterben begriffen. [Auflösung: Damals]
Iñigo: Diese Technologie hat unter heutigen Bedingungen das Potenzial, so mächtig zu werden, dass die menschliche Spezies und alle Lebewesen auf der Erde ausgelöscht werden. Reden Sie über Atomenergie damals oder Atomenergie heute? [Auflösung: Heute]
Sarina: Und nun kommen wir zum großen Finale, der Charleston mit den Schülerinnen der de la Salle Schule Strebersdorf!
CHARLESTON
Ende