Composition/Music Theory

Innerhalb des Forschungsschwerpunkts Komposition / Musiktheorie werden an der MUK sowohl wissenschaftliche als auch künstlerisch-wissenschaftliche Forschungsprojekte sowie EEK durchgeführt. Die Forschungsaktivitäten finden gleichermaßen theoriegeleitet im Feld der historischen Musikwissenschaft, der Ästhetiktheorie, der Notationskunde und –entwicklung, der musikalischen Analyse, der Medienanalyse und Transmedialität wie auch im Rahmen stärker praxisorientierter, künstlerisch-wissenschaftlicher (drittmittelfinanzierter) Forschungsprojekte im Bereich der experimentellen Notation, der Interaktion zwischen Komponist*innen und Musiker*innen sowie der Improvisation und Transkription statt. Viele dieser Forschungsaktivitäten verbinden die beiden Forschungsbereiche Komposition / Musiktheorie und Interpretationsforschung, da sie interdisziplinär konzipiert sind. Das betrifft vor allem den Bereich der Improvisationsforschung. Auch wenn Improvisation, verstanden als Echtzeitkomposition, stark kompositorische Anteile hat, wurde sie in der Beschreibung dem Forschungsbereich der Interpretationsforschung zugewiesen.

Durch das breite Themenspektrum der Forschung im Bereich Komposition / Musiktheorie wird künftigen Doktorand*innen ein attraktives Forschungsumfeld geboten. Die Forschungsprojekte finden zudem Eingang in die forschungsgeleitete Lehre, von der Dissertant*innen im Rahmen von Wahlpflichtfächern profitieren können. Der Forschungsschwerpunkt Komposition / Musiktheorie ist primär im Studiengang für Tasteninstrumente, Musikleitung und Komposition verankert, der sich mit einer großen Bandbreite neuer Medien, Film- und Gamekomposition sowie Elektronik beschäftigt. Es finden aber zahlreiche studiengangsübergreifende Forschungstätigkeiten statt.

 

Forschungsprojekte

Im Forschungsbereich Komposition / Musiktheorie gibt es aktuell an der MUK einige mehrjährige Forschungsvorhaben sowie zahlreiche EEK-Projekte:

Univ.-Prof.in Dr.in Jean Beers erforscht in ihrer aktuellen künstlerisch-wissenschaftlichen Studie Composer / Performer Relations (SoSe 2022) mit dreißig BA- und MA-Studierenden verschiedener Fachbereiche aus den Fakultäten Musik sowie Darstellende Kunst die Verantwortung der Künstler*innen gegenüber sich selbst, gegenüber dem Werk, gegenüber den Mitwirkenden und schlussendlich gegenüber den Konsument*innen bzw. der Gesellschaft. In experimentellen künstlerischen Kollaborationen werden von Beginn des Kreativprozesses an die Wechselwirkungen zwischen Komponist*innen und Interpret*innen beleuchtet, dokumentiert und analysiert, um praxisbasierte Erkenntnisse und Schnittstellen in der ästhetischen Perzeption der sozialen Interaktionen von Künstler*innen zu generieren. Hierfür wird die künstlerische Interaktion durch die Implementierung systemischer Heuristik erweitert. Mittels sechs verschiedener künstlerischer Ensembles erforschen die Musiker*innen gemeinsam die Instrumental- und Gesangstechniken und kreativen Möglichkeiten. Ziel der Forschung ist es, die kreativ-professionelle sowie die soziale Interaktion zwischen Komponist*innen und Interpret*innen zu fördern und durch inspirierende Offenheit und forschendes Denken künstlerische Synergien zu schaffen sowie Neuland an der Schnittstelle zwischen der Interpretation und der Komposition zu betreten. Diese Studie ist Teil der künstlerischen Grundlagenforschung im Bereich Komposition zum Thema Empathie in künstlerischen Kollaborationen, die seit 2011 unter dem Titel Threefold Challenge: Composer, Performer, Audience unter der Leitung von Univ.-Prof.in Dr.in Jean Beers läuft. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden sich auf der Website unter: https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/kuenstlerische-forschungsprojekte/composer/performer-relations.html

Das künstlerische Forschungsprojekt Experiment Empathie in kollaborativer Improvisation (2019—2021), unter der Leitung von Univ.-Prof.in Dr.in Jean Beers (MUK) in Kooperation mit Univ.-Prof. Ingo Reulecke (HZT Berlin), befindet sich als Improvisationsforschung an der Schnittstelle zwischen dem Forschungsbereich Interpretationsforschung und Komposition / Musiktheorie. Eine ausführliche Beschreibung erfolgt unter Forschungsschwerpunkt Interpretationsforschung.

Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke und Univ.-Prof. Lars Seniuk, MMus erkunden aus wissenschaftlichen und künstlerischen Blickwinkeln in Kooperation mit dem Metro Kinokulturhaus / Filmarchiv Austria und der Universität Wien in ihrem Projekt Bewegte Bilder des Jüdischen: Annäherungen / Übersetzungen unterschiedliche Ästhetiken der Live-Musik, des Jazz und der Improvisation sowie die Rolle der weiblichen und männlichen Held*innen — von Sarah, Hagar bis Jaël und Judith — in drei österreichischen Spielfilmen von Wiener jüdischen Regisseuren (1922—1924). Hierbei stehen Motive wie die Inspiration durch die Freud‘sche Traumtheorie und die psychoanalytische Visualisierung der Vergangenheit und Gegenwart im Fokus. Diese Forschung liegt an der Schnittstelle zwischen Musikwissenschaft, Komposition und Improvisationsforschung.

Die Rolle von Musik im urbanen Kontext als gesellschaftliches Identifikationsinstrument und die Frage, wie Musik zu städtischer Symbolpolitik funktionalisiert wird, standen im Mittelpunkt des vom FWF geförderten Forschungsprojekts Interactive Music Mapping Vienna — Exploring a City. 1945 up to the Present Day (FWF-PEEK_AR 384_G24, 2017—2020), das in Kooperation mit dem Institute of Visual Computing & Human-Centered Technology — Centre for Visual Analytics Science and Technology der TU Wien unter der Leitung von Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke durchgeführt wurde. Wie das „sinnliche“ Medium Musik Generator von Atmosphäre und Stimmung ist und dabei nicht nur ideologische Subjekte hervorbringt, sondern auch die Vorstellung spezifischer städtischer Sphären, wurde am Beispiel der Stadt Wien exemplarisch dargestellt. Dieser Forschungsschwerpunkt wurde mittels Verschränkung wissenschaftlicher und künstlerischer Zugangsweisen und Praktiken in unterschiedlichen Projekten seit 2012 an der MUK etabliert und im Rahmen der Projektdissemination publiziert. Diese Forschung befindet sich an den Schnittstellen der Schwerpunkte Komposition / Musiktheorie, da Partituren erforscht und kreiert wurden, sowie an der Schnittstelle der Kunst- und Kulturvermittlung. Weitere Informationen zum Projekt finden sich hier: http://www.musicmapping.at

Das Forschungsprojekt Microtonality in Jazz von Univ.-Prof. Lars Seniuk, MMus und Philipp Gerschlauer, MMus, geplant in Kooperation mit Forscher*innen und Künstler*innen des Berklee College of Music, des Max Planck Institute of Empirical Aesthetics, der New York University und der Medizinischen Universität Wien, wird als FWF-PEEK-Antrag 2022 eingereicht. Dabei wird sowohl durch künstlerische als auch neurowissenschaftliche Methoden erforscht, welche Ressourcen notwendig sind, um Mikrotonalität im modernen und zeitgenössischen Jazz auf harmonischer Ebene sowie durch weitere Dimensionen, wie Komposition, Soziologie und Neurologie, realisieren zu können. Diese Vorgänge werden systematischen Beobachtungen unterzogen. Das Projekt befindet sich an der Schnittstelle der Schwerpunkte Komposition, Improvisation und Interpretationsforschung.

Im Bereich Filmkomposition profiliert sich das laufende, durch Drittmittel geförderte Forschungsprojekt Das Österreichisch-Deutsche Melodrama und seine Filmmusik unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Stefan Schmidl (FWF- Einzelprojekt EUR 228.000,—; Beginn 1.1.2022, Projektdauer: 3 Jahre). Den Gegenstand der Untersuchungen bildet das deutschsprachige Kino der Wirtschaftswunder-Ära und dessen filmmusikalische Vermittlung von Geschlechterbildern. Ausgehend von der Annahme, dass die Ebene der Filmmusik diese Bilder in besonderer Weise mitträgt, soll musikanalytisch untersucht werden, mit welchen kompositorischen Mitteln diese Perspektiven erzeugt werden. Die Forschung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Filmarchiv Austria und der Franz-Grothe-Stiftung München. Ein prominent besetztes, internationales Board an Film-, Gender- und Musikwissenschafter*innen begleitet die Fragestellungen an das historische Quellenmaterial. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden sich auf der Website unter: https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/wissenschaftliche-forschungsprojekte/das-oesterreichisch-deutsche-melodrama-und-seine-filmmusik.html

Das Dissertationsprojekt Filmmusik zur Ideologievermittlung der Wien-Film 1938—1945: Schleier über ihren Augen und Ohren des Komponisten, Saxophonisten und Alumnus der MUK, Timur Sijaric, BA BA MA befasst sich mit den Produktionen der Wien-Film, mit der Analyse der Filmmusik dieser Filme und einer entsprechenden notwendigen Kontextualisierung der Forschungsinhalte. Ziel der Forschung ist es, kompositorische und musikalische Aspekte mehrerer Filme zu vergleichen und historisch umfassend zu analysieren, wodurch die Manipulationsstrategien der Filmmusik in der nationalsozialistischen Filmindustrie nachvollziehbar gemacht werden sollen. Timur Sijaric, BA BA MA ist wissenschaftlicher Projektmitarbeiter in dem Projekt Das Österreichisch-Deutsche Melodrama und seine Filmmusik und hat darüber hinaus für seine Forschung im Studienjahr 2021/22 ein Doc-Stipendium des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften (IFK) erhalten. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden sich auf der Website unter: https://muk.ac.at/forschungsschwerpunkte/wissenschaftliche-forschungsprojekte/filmmusik-zur-ideologievermittlung.html

Der Forschungsschwerpunkt Experiment Notation im Bereich Komposition / Musiktheorie befasst sich, neben kompositorischen und musiktheoretischen Ansätzen aus der Praxis, mit Deutungsansätzen des Begriffs Notation aus kulturhistorischer Perspektive, insbesondere in Bezug auf Musik und Kunst des 20. Jahrhunderts. Von Gustav Mahler bis zu den Debatten zwischen Ferruccio Busoni und Arnold Schönberg, von grafischen Notationssystemen der 1950er—1980er-Jahre bis zur Musik der Gegenwart werden zentrale Fragestellungen in der Theorie der musikalischen und künstlerischen Notation bearbeitet. Dieser Schwerpunkt beinhaltet die volle Bandbreite an wissenschaftlicher und künstlerischer Forschung sowie EEK-Projekte.

Der Schwerpunkt Notation und Aufführung im Bereich Komposition / Musiktheorie des Interuniversitären Forschungsverbunds Elfriede Jelinek widmet sich, ausgehend vom Inszenierungscharakter und der jeweils spezifischen Materialität von Elfriede Jelineks Texten sowie von ihren Techniken der Über- und Fortschreibung, den unterschiedlichen Notationsformen in den verschiedenen Künsten. Das Spannungsfeld zwischen Notation und Improvisation, zwischen dem Text und seiner Aufführung bzw. dem Werk und seiner Inszenierung wird dabei sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch bzw. künstlerisch-wissenschaftlich erforscht. Ziel ist es, neue Forschungspositionen und Ansätze an den Schnittstellen von Wissenschaft und Kunst zu entwickeln, die sich in experimentellen Forschungsformaten mit Manifestationsformen von „Notationen“ und dem Prozesscharakter von Aufführungen im Spannungsfeld zwischen Partitur und Körper, Schriftlichkeit und Mündlichkeit sowie Text und Ereignis befassen. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden sich auch unter: https://ifvjelinek.at/forschungsarbeiten/projekt-notation-und-auffuehrung/

Weiters forscht Univ.-Prof.in MMag.a Julia Purgina, BEd im Bereich der Komposition über das Verhältnis von Komposition/Musik und Sprache. Ausgehend von einem Text Elfriede Jelineks soll eine Möglichkeit gefunden werden, Sprache kompositorisch mit der Idee einer rhythmisierten Harmonik in Verbindung zu bringen. Dadurch will das Projekt der rhythmischen und klanglichen Dringlichkeit der Sprache Jelineks wie einem inneren musikalischen Gestaltungsprinzip gerecht werden und diese beiden Ebenen produktiv miteinander verbinden. Die Verbindung dieser kompositorischen Idee mit Sprache soll an einem Stück für Männerchor erprobt werden, bei dem auch elektronische Mittel zum Einsatz kommen, die die vertikale Ebene des Stücks (Zusammenhalt) strukturieren werden. Entstehen sollen eine Stimmenvielfalt und Polyphonie, die eng mit der Aufführung Jelinek‘scher Texte assoziiert wird. Die Ergebnisse werden im Juni 2022 bei einem Symposium des Interuniversitären Forschungsverbunds Elfriede Jelinek vorgestellt. Erste Vorarbeiten erfolgten bereits im November 2021 bei einer künstlerischen Arbeit zur Winterreise Jelineks, die mit dem Stück musique noire II für Klavier solo kombiniert wurde. Präsentiert wurde dieses Forschungsprojekt in Kooperation des Interuniversitären Forschungsverbunds mit dem Max Kade Department des Lafayette College und dem Austrian Cultural Forum New York in einem Online-Symposium und Online-Konzert.

Künstlerisch-wissenschaftliche Forschung im Bereich Musiktheorie an der Schnittstelle zur historischen Musikwissenschaft, vor allem zur Frage der Hexachorde, wird seit vielen Jahren durch den Professor für Musiktheorie an der MUK, Walter Ernst Haberl, durchgeführt. Darüber hinaus promovierte Jan Giffhorn, PhD im Fach Musiktheorie über die Symphonie Leonard Bernsteins. Weiters forschen die Lehrenden Daniel Gottfried, MA MA MA, Univ.-Prof. Andrew Middleton (siehe Bereich Interpretationsforschung) und Univ.-Prof. Grzegorz Stopa zu Improvisation und Transkriptionen, ebenfalls mit starken Berührungspunkten zu Komposition / Musiktheorie.

 

Auch bei studentischen Abschlussarbeiten ist ein Interesse an Themenstellungen im Bereich Komposition / Musiktheorie zu beobachten. Exemplarisch verwiesen sei hier auf zwei MA-Arbeiten, die jeweils mit einem Förderstipendium der Kulturabteilung der Stadt Wien (à EUR 1.000,—) ausgezeichnet wurden:

David Delgado Martinez: Aesthetics Of Distortion — Technique Of Saturation (2021; Betreuung: Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke)

Tobias Meissl: Harmonische Superposition — Ein kontrafaktischer Zugang zu zeitgenössischer
(Jazz-)Improvisation und Komposition
(2021; Betreuung: Univ.-Prof. Andrew Middleton)

 

Publikationen (Auswahl)

Beers, Jean: Creating Ambiguity in Music. Berlin: wvb Verlag 2018.

Eidelpes, Rosa (Hrsg.): Text. Notation. Performance — Interdisziplinäre Perspektiven. (= Diskurse. Kontexte. Impulse. Publikationen des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums. Band 23). Wien: Praesens 2021. [peer-reviewed]

Purgina, Julia: Wechselwirkungen grafischer Zeichen und performativer Akte. Ein künstlerisches Forschungslabor basierend auf der „musique concrète instrumentale“ von Helmut Lachenmann, in: R. Eidelpes (Hrsg.): Text.Notation.Aufführung. Interdisziplinäre Perspektiven. Wien 2021: Praesens, 249–255

Schmidl, Stefan: Die Mikrosemantik von Filmmusik. Notation als analytische Quelle am Beispiel des Kinos des Dritten Reichs, in: R. Eidelpes (Hrsg.): Text.Notation.Aufführung. Interdisziplinäre Perspektiven. Wien 2021: Praesens, 189–198.

Zapke, Susana (Hrsg.): Notation. Imagination und Übersetzung. Wien: Hollitzer 2020.


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