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75 Jahre MUK: Gedenken, Restitution und Tafelenthüllung

Di, 26.04.2022, 14:00 Uhr

Die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK), ein Unternehmen der Wien Holding, hat ihre Geschichte anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens wissenschaftlich aufgearbeitet.

Am Dienstag, dem 26. April 2022, 11.30 Uhr, enthüllte Bürgermeister Dr. Michael Ludwig am Standort Johannesgasse 4a die mehrsprachige Gedenktafel zur Erinnerung an die NS-Vergangenheit der Institution. Auch ein Musikbuch konnte an die aus London angereiste Familie Deyong – als Nachfahren von Else Bienenfeld – restituiert werden.

Bewusste Erinnerungskultur ist seit gut zwei Jahrzehnten ein konstituierendes Element der Kulturstadt Wien. Anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens stellte sich auch die einzige Universität im Eigentum der Stadt Wien verantwortungsvoll ihrer Vergangenheit. Rektor Dr. Andreas Mailath-Pokorny: „Es war und ist mir und allen Angehörigen der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien ein dringendes Bedürfnis, die Geschichte des Hauses aufzuarbeiten und offenzulegen. Erst durch die kritische Reflexion der Vorgänge während der NS-Zeit können wir zu den großartigen künstlerischen und wissenschaftlichen Leistungen stehen, die von der Johannesgasse 4a ihren Ausgang genommen haben und künftig von allen drei Standorten der MUK nehmen.“

Bürgermeister Dr. Michael Ludwig: „Als der Holocaust-Überlebende und große Mahner Rudi Gelbard einmal gefragt wurde, was zu tun ist, um neonazistische und rassistische Tendenzen abzuwehren, sagte er: ‚Information! Das Wichtigste ist Information, um sich gegen kommende Gefahren zu wappnen.‘ Die Stadt Wien befolgt diesen Rat mit größter Sorgfalt. Denn wir dürfen die Gräuel des Nationalsozialismus und das unsagbare Leid, das er vielen Menschen in unserer Stadt angetan hat, niemals vergessen. Die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, die MUK, fühlt sich zu Recht verpflichtet, ihren Beitrag dazu zu leisten. Und so wurde im Auftrag von MUK-Rektor Andreas Mailath-Pokorny und unter kompetenter Anleitung des Historikers Oliver Rathkolb die zum Teil auch von Austrofaschismus und Nationalsozialismus geprägte Geschichte des Hauses aufgearbeitet. Ein weiterer wichtiger Beitrag, um niemals zu vergessen.“

Die Vorläuferinstitutionen der MUK

Nur wenige Monate nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich erfolgte im August 1938 die öffentliche Bekanntgabe der Gründung der Musikschule der Stadt Wien. Die neu konstituierte Musikschule übernahm dabei Vermögenswerte und teilweise auch Lehrpersonal der von den Nationalsozialisten aufgelösten Vereine Neues Wiener Konservatorium (gegr. 1909), Konservatorium für volkstümliche Musikpflege (gegr. 1919) und Wiener Volkskonservatorium (gegr. 1925). Die gravierenden Folgen der ideologischen Gleichschaltung des Wiener Musikschulwesens im Nationalsozialismus sowohl für die vertriebenen Lehrenden und Studierenden als auch für das musikalische und künstlerische Verständnis ganzer Generationen wurden mit großzügiger Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien MA7 durch ein engagiertes institutionsübergreifendes Forschungsteam erstmals systematisch untersucht und anhand von Fallstudien beispielhaft aufgezeigt.

Enthüllung der Gedenktafel durch den Bürgermeister

Das Wissen aus dem wertvollen Aufarbeitungsprozess soll auch durch eine mehrsprachige Gedenktafel an der Fassade der MUK in der Johannesgasse im Bewusstsein der hier und heute Studierenden und Lehrenden sowie der breiten Öffentlichkeit verankert werden. Bürgermeister Dr. Michael Ludwig enthüllte am 26. April die auch ins Englische, Koreanische, Russische und Japanische (die an der MUK meistgesprochenen Sprachen) übersetzte Erinnerung und Verpflichtung:

„An dieser Stelle wurde 1938 nach der Zwangsauflösung von drei privaten Konservatorien die Musikschule der Stadt Wien gegründet, die der inhumanen Ideologie des Nationalsozialismus willfährig folgte und diese unterstützte.
Als Nachfolgeinstitution sieht es die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien als ihre Verpflichtung und Aufgabe, sich für die Rechte und Würde aller Menschen ungeachtet ihrer Herkunft, unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, Sprache, sozialer Stellung, sexueller Orientierung, Staatsbürgerschaft, politischen und sonstigen Anschauungen einzusetzen und menschenverachtenden Ideologien nachhaltig entgegenzuwirken.
Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Zur Mahnung an die Lebenden, gegen Antisemitismus, Rassismus, Nationalismus und Verächtlichmachung von anderen aufzutreten.

Zur Stärkung des Kunst- und Kulturschaffens im Geiste der Freiheit, der Unabhängigkeit und der Toleranz.“

Restitution eines Buches

Die Beforschung der Geschichte des Hauses mit all ihren Kontinuitäten und Brüchen ermöglichte am 26. April auch eine besondere Freude: Die Übergabe der von Felix Weingartner verfassten Schrift „Ratschläge für Aufführungen klassischer Symphonien. Band II: Schubert und Schumann“ an die rechtmäßige Erbin Susie Deyong. Das 1918 im ältesten Musikverlag der Welt, Breitkopf & Härtel, erschienene Buch konnte nach gründlicher Recherche auf Basis einer persönlichen Widmung des Autors an „Frl. Dr. Else Bienenfeld zum Andenken an F. Weingartner, Wien Jänner 1920“ im Zuge der Gedenkveranstaltung an die aus London angereiste Familie Deyong, Nachfahren von Fr. Dr. Else Bienenfeld, restituiert werden.

Forschungsprojekt Hausgeschichte-Zeitgeschichte

Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb (Universität Wien) und Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke (MUK) haben zusammen mit Dr.in Eveline Theis (ehem. MUK), Dr. Michael Wladika (Wien Museum), Dr.in Primavera Driessen Gruber (Exilforscherin), Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Amort, Univ.-Prof. Wolfgang Dosch, Univ.-Prof.in Sabine Muhar, Dr.in Kathrin Raminger (alle MUK), Mag.a Julia Teresa Friehs und Mag.a Monika Löscher (KHM) jahrelang bahnbrechende Forschungsarbeit geleistet.

Ihre gemeinsame Publikation „Die Musikschule der Stadt Wien im Nationalsozialsozialismus – Eine ‚ideologische Lehr- und Lerngemeinschaft‘“ ist 2020 im Wiener Hollitzer Verlag erschienen.

Das 300 Seiten starke Werk reflektiert die Gleichschaltung des Wiener Musikschulwesens während der NS-Herrschaft und untersucht die inhaltlichen Auswirkungen der NS-Ideologie auf die Kulturszene Wiens. Auch werden die mit der NS-Machtergreifung verbundenen personellen Konsequenzen sowohl hinsichtlich der Profiteur*innen des NS-Systems als auch dessen Opfer dargestellt.

Onlineplattform: gedenkbuch.muk.ac.at

„Es ist uns ein großes Anliegen, eine Pflicht, all jene Angehörigen unserer Vorgängerinstitutionen zu benennen, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, Vertreibung und Ermordung wurden“, so Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke. „Zur Erinnerung an all diese Menschen haben wir ein Online-Gedenkbuch entwickelt.“ Die Plattform gedenkbuch.muk.ac.at ist als interaktive Seite konzipiert und wird durch die laufenden Forschungsergebnisse stets ergänzt.

Die MUK heute

Die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) versteht sich als progressive Musik- und Kunstuniversität, die durch Entwicklung und Erschließung in den Bereichen der Musik, des Tanzes, des Schauspiels und des Gesangs kulturelle Werte für die Zukunft schafft. Sie versammelt Musiker*innen und darstellende Künstler*innen aus aller Welt und bietet mehr als 30 „Bologna-konforme“ Bachelor- und Masterstudiengänge sowie Universitäts- und Vorbereitungslehrgänge. Zentrale Aufgabe der MUK ist die Vermittlung der Künste in der Verknüpfung von Forschung und Lehre, wobei einer umfassenden Bildung der individuellen Persönlichkeit der Studierenden – jährlich sind es insgesamt etwa 850 – auf Grundlage außergewöhnlichen Begabungspotenzials zentrale Bedeutung zukommt. Aufgrund der Finanzierung durch die Stadt Wien (Landesuniversität) ist die MUK im Gegensatz zu den Bundesuniversitäten nach dem Privatuniversitätengesetz akkreditiert.


DIE MUK

Die MUK versteht sich als progressive Musik- und Kunstuniversität, die in den Bereichen Musik, Tanz, Schauspiel und Gesang kulturelle Werte schafft. Die MUK ist die einzige Universität im Eigentum der Stadt Wien und vereint hier den international besten Nachwuchs und herausragende Lehrende.
 

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