Aktuelle Doktoratsprojekte

Philipp Gerschlauer

Microtonality and Bebop: Exploring the Use of Various Tuning Systems in Bebop

Wissenschaftlicher Betreuer Univ.-Prof. Stefan Schmidl  
Künstlerischer Betreuer Univ.-Prof. Lars Seniuk 
Forschungsschwerpunkte Interpretationsforschung, Komposition/Musiktheorie

Biographie
Philipp Gerschlauer ist ein renommierter Saxophonist, Musiker und Pädagoge, bekannt für seine Pionierarbeit bei der Integration mikrotonaler Elemente in die Jazzmusik. Er hat die Oktave sowohl auf dem Saxophon als auch in seinen Kompositionen in 128 Töne unterteilt und damit die Grenzen des Genres erweitert. Neben seinen Auftritten gibt Gerschlauer sein Fachwissen auch in Form von Lehrveranstaltungen weiter und festigt so seinen Ruf als führende Persönlichkeit im Bereich des mikrotonalen Saxophons.

Beschreibung des Promotionsprojekts
Mein Promotionsprojekt untersucht die Integration mikrotonaler Stimmungssysteme innerhalb des Bebops, einenm Jazzstil, der für seine komplexen Harmonien und Improvisationen bekannt ist. Mikrotonalität bezieht sich auf die Verwendung von Tonhöhen außerhalb des standardmäßigen 12-tönigen, gleichstufig temperierten Stimmungssystems. Das Projekt untersucht, wie diese unkonventionellen Stimmungen das harmonische und melodische Vokabular des Bebop erweitern können, der sich traditionell auf Chromatik und funktionale Harmonie stützt, sich aber noch nicht eingehend mit den mikrotonalen Möglichkeiten jenseits der „blue notes“ beschäftigt hat.

Forschungsfragen
- Wie können mikrotonale Stimmungssysteme die harmonische und melodische Struktur des Bebop verbessern?
- Welche neuen kreativen und stilistischen Möglichkeiten kann die Mikrotonalität den Jazzmusiker*innen bieten?
- Wie können Musiker*innen die Mikrotonalität im Jazz praktisch umsetzen (z. B. durch modifizierte Instrumente, Software)?
- Wie kann die Mikrotonalität in die Jazzausbildung integriert werden, und was sind die Auswirkungen auf die pädagogische Praxis im Allgemeinen?

Methoden
Ich verbinde künstlerische Praxis mit theoretischer Analyse. Dazu gehört das Studium von Bebop-Standards, das Komponieren und Improvisieren mit mikrotonalen Skalen und die Zusammenarbeit mit Jazzmusiker*innen in praktischen Ensemblesituationen. Ich werde auch qualitative Interviews mit Musiker*innen führen, um ihre Erfahrungen mit der Mikrotonalität zu dokumentieren. Aufnahmen dieser Aufführungen werden Teil der Forschungsdokumentation sein.

Theoretischer Rahmen
Das Projekt stützt sich auf die westliche Musiktheorie, insbesondere auf die Untersuchung historischer Stimmsysteme, und befasst sich mit der kulturellen Bedeutung des Bebop in der afroamerikanischen Geschichte. Durch die Vermischung europäischer mikrotonaler Traditionen mit den afroamerikanischen Wurzeln des Jazz trägt diese Forschung zur Dekolonisierung der Musiktheorie bei und eröffnet gleichzeitig neue Wege für die künstlerische Erforschung.

Dokumentation
Die Forschung wird durch Audio- und Videoaufnahmen von Aufführungen, schriftliche Transkriptionen und theoretische Analysen dokumentiert. In einem Blog wird über die Entwicklungen der Forschung berichtet, um Transparenz zu schaffen und Feedback aus der akademischen und künstlerischen Gemeinschaft zu erhalten.

Sonja Keßner

Master the Puppets - Dystopian Thinking as a Dialectic Strategy of Politically Engaged Art

Wissenschaftliche Betreuerin Ass.-Prof. Rosemarie Brucher
Künstlerische Betreuerin Univ.-Prof. Karoline Exner
Forschungsschwerpunkt Zeitgenössisches Theater

Biographie
Sonja Keßner ist eine multidisziplinäre Künstlerin, Kulturanthropologin und ausgebildete Schauspielerin. Sie hat einen BA in Sozial- und Kulturanthropologie und einen MfA in Darstellender Kunst. Keßner ist derzeit als Dramaturgin für Puppentheater am Theater Waidspeicher in Erfurt tätig und arbeitet zusätzlich in den Bereichen Regie und Theatermusik sowie als Gastdozentin an verschiedenen Hochschulen.

Beschreibung des Promotionsvorhabens
Auf welche Weise kann dystopische Kunst dazu beitragen, die Krisen der Gegenwart greifbar und ihre Überwindung vorstellbar zu machen? Das Dissertationsprojekt untersucht den Einsatz dystopischer Bilder und Denkfiguren als Strategie politisch engagierter Kunst. Die Untersuchung umfasst die Analyse ausgewählter zeitgenössischer Theaterproduktionen zu den Themen Klimakrise, Krieg und Demokratieverlust sowie eine Reihe von interdisziplinären künstlerischen Forschungslabors, die Methoden aus der Kunstpraxis und der Anthropologie kombinieren. Das Promotionsprojekt mündet in eine schriftliche Arbeit und die Entwicklung eines neuen Theaterstücks.

Georgios Lolas

Exploring a New Diverse Identity for Performers of Contemporary Music. An Interdisciplinary Approach for Accordion Performance, Balancing between Equal-Temperament and Microtonal Tuning Systems

Künstlerische Betreuerin Univ.-Prof. Jean Beers
Wissenschaftliche Betreuerin Univ.-Prof. Susana Zapke
Forschungsschwerpunkte Interpretationsforschung, Komposition/Musiktheorie

Biographie
Georgios Lolas ist ein äußerst vielseitiger Akkordeonist mit einem starken Schwerpunkt in der Neuen Musik. Er hat mit einigen der renommiertesten Orchester und Ensembles für Neue Musik in Europa zusammengearbeitet, wobei er eng mit bekannten Komponist*innen zusammenarbeitete und deren neue Werke uraufführte. Mit innovativen Ansätzen erkundet er neue Aufführungsmöglichkeiten, indem er die Grenzen des Instruments auslotet und mit innovativen Techniken und Klangmöglichkeiten in seinen Aufführungen experimentiert.

Beschreibung des Promotionsprojekts
Das Promotionsprojekt erforscht die interpretatorischen Dimensionen und Rezeptionen zeitgenössischer mikrotonaler Musik mit dem Akkordeon. In der Auseinandersetzung mit ausgewählten Werken sollen neue Elemente, Gesten und interdisziplinäre Möglichkeiten zur Erweiterung dieser neuen Form der Akkordeon-Performance entdeckt werden. Das Ziel der Forschung ist die Entdeckung einer neuen interpretatorischen Identität durch eine praktische Erkundung der Grenzen des Interpreten, der auf der Bühne zwischen zwei Stimmungssystemen balanciert: der gleichschwebenden Stimmung und der mikrotonalen Stimmung. Dieses Projekt bietet eine umfassende Erkundung der Interpretation in der zeitgenössischen performativen Musik und untersucht das dynamische Zusammenspiel zwischen Interpreten, Komponisten und dem Publikum.

Mamadou Soma

Decolonizing Theatrical Practice in Burkina Faso: Towards Liminal Spaces through the Transformation of Traditional Senufo Rites of Passage into Inclusive and Participatory Performances

Wissenschaftlicher Betreuerin Univ.-Prof. Mira Sack, Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) 
Künstlerischer Betreuer Univ.-Prof. Joonas Lahtinen 
Forschungsschwerpunkt Performance Art

Biographie
Mamadou Soma ist ein burkinischer Kunstforscher, Regisseur, Schauspieler, Performer und der Gründer des African Artistic Innovation Laboratory (LIAA). Somas Forschung konzentriert sich auf die Dekolonisierung theatralischer Praktiken in Burkina Faso durch die Umwandlung traditioneller Senufo-Passage-Riten in integrative und partizipatorische Performances. In seiner künstlerischen Praxis erforscht Soma die Verschmelzung von Ritualen der Vorfahren und zeitgenössischem Theater mit dem Ziel, Grenzräume zu schaffen, die lokale Gemeinschaften einbeziehen, um individuelle und kollektive Transformation zu erleichtern und gleichzeitig den interkulturellen und interdisziplinären Dialog zu fördern.

Beschreibung des Promotionsprojekts
Das Promotionsprojekt konzentriert sich auf die Dekolonialisierung theatraler Praktiken in Burkina Faso durch die Umwandlung von Senufo-Passage-Riten in integrative, partizipatorische Aufführungen. Es zielt darauf ab, Grenzräume für individuelle und kollektive Transformation zu schaffen und den interkulturellen Dialog zu fördern. Ziel ist es, eine neue Theaterpraxis zu entwickeln, die lokale Gemeinschaften einbezieht und traditionelle Senufo-Zeremonien mit zeitgenössischen Formen verbindet. Der Forscher, der sich selbst als Schamane versteht, wird ethnografische Methoden anwenden, um gemeinsam mit den Menschen vor Ort zu arbeiten. Durch die Wiederbelebung von Praktiken, die durch koloniale Einflüsse an den Rand gedrängt wurden, erforscht dieses Projekt, wie Theater und Performance als Werkzeuge für den sozialen Wandel dienen können, indem lokale Traditionen in den postkolonialen künstlerischen Ausdruck integriert werden.

Annika Tudeer

(Non)Human Matters. How to Stage the Nonhuman and Discuss Care Ethics in the Anthropocene in a Performance Setting?

Wissenschaftliche Betreuerin Ass.-Prof. Rosemarie Brucher
Künstlerischer Betreuer Univ.-Prof. Joonas Lahtinen
Forschungsschwerpunkt Performance Art

Biographie
Annika Tudeer ist Gründerin, künstlerische Leiterin und Performerin des international bekannten experimentellen Musiktheaterkollektivs Oblivia. Tudeer hat einen tanzpraktischen und literaturwissenschaftlichen Hintergrund. Tudeer arbeitete darüber hinaus einige Jahre als Tanz- und Performancekritikerin.

Beschreibung des Promotionsprojekts
Das Hauptziel meiner künstlerischen Forschungspromotion ist es, Möglichkeiten der Inszenierung des Nicht-Menschlichen im Bereich der Performance-Praxis zu erforschen und zu diskutieren, und zwar innerhalb eines künstlerischen Arbeitsumfelds, das sich auf ethische Prinzipien der Fürsorge stützt und diese „verinnerlicht“; wie beeinflusst die Ethik der Fürsorge die Art und Weise, wie wir uns gegenseitig wahrnehmen und im Prozess der Inszenierung des Nicht-Menschlichen in Performances zusammenarbeiten? Mein Projekt zielt darauf ab, die radikale Kraft von Fürsorge und gegenseitiger Abhängigkeit zu erforschen und zu untersuchen, wie die Ethik der Fürsorge als performativer Akt praktiziert werden kann - durch Akte des Zuhörens, der Kommunikation und der Verkörperung des Nichtmenschlichen im Anthropozän.