„Ein gutes technisches Rüstzeug“ – Akademische Gesangsausbildung in Wien (Das Feuilleton)

Mon, 16.12.2024, 12:12 Uhr

Wo startet eine professionelle Karriere? Hinter dem gewünschten Erfolg steckt natürlich Talent, eine gute Stimme — und viel harte Arbeit In Wien werden junge Menschen dabei vor allem in zwei Institutionen unterstützt: in der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, kurz MUK, und dem Institut für Gesang und Musiktheater an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw).

Wo startet eine professionelle Karriere? Hinter dem gewünschten Erfolg steckt natürlich Talent, eine gute Stimme — und viel harte Arbeit In Wien werden junge Menschen dabei vor allem in zwei Institutionen unterstützt: in der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, kurz MUK, und dem Institut für Gesang und Musiktheater an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw). […]

In Gesprächen wird stets unterstrichen, dass es weniger um Konkurrenz, sondern vielmehr um eine Ergänzung durch die beiden Universitäten geht. Jedenfalls gehören für die angehen-den Opern- und Konzertsängerinnen und -sänger Vokalunterricht, Sprechtechnik, Körperschule, Bühnenfechten, Gehörbildung, Musikgeschichte, musikdramatischer Unterricht und vieles mehr zum Stundenplan. „Es ist ganz wichtig, ihnen ein gutes technisches Rüstzeug mitzugeben“, sagt Bartolo Musil, Institutsvorstand Gesang an der MUK. "Das Wissen um die Technik, die Phrasierung, darum, wie ich mein Instrument, die Stimme, optimal kennenlernen und zur Blüte bringen kann, ist natürlich essenziell. Was ansonsten gebraucht wird, ist individuell, wobei Kompetenzen wie Vermittlung so-wie forschendes und eigenschöpferisches Denken heute immer wichtiger werden!"

GLEICHE „SPRACHE“ SPRECHEN
Dass die Studierenden dabei immer mehr Mitspracherecht haben, erzählt beispielsweise die junge Sopranistin Ghazal Kazemi, die an der MUK studiert. Und sie hält fest: "Das Wichtigste ist, dass man einen Gesangslehrer oder -lehrerin findet, der oder die zu einem passt. Denn gerade wir, die wir viel mit dem Körper und der Vorstellungskraft arbeiten, brauchen jemanden, der die gleiche Sprache diesbezüglich spricht!" Unter den Lehren-den sind an beiden Häusern namhafte Künstlerinnen und Künstler wie Birgid Steinberger, bei der Kazemi studiert, Ian Bostridge, Adrian Eröd, Alexandra Reinprecht und Melba Ramos an der MUK. […]

Auch Alois Mühlbacher, der an der MUK studiert, betont die Bedeutung der Lehrperson und des großen Vertrauens, das zwischen Schüler und Lehrer herrschen muss: "Singen ist nicht eine Frage der Institution, sondern bei wem man lernen darf', sagt er. Mühlbacher war einen etwas anderen Weg gegangen als die meisten: Als Kind war er bei den St. Florianer Sängerknaben erfolgreich, mit 15 Jahren debütierte er an der Wiener Staatsoper.

Heute ist er als Countertenor gefragt. Er startete mit dem Studienlehrgang Certificate of Performance, der eigentlich für jene gedacht ist, die nach dem Studium im Engagement sind und nebenbei weiterstudieren: „Ich dachte, ein normaler Bachelor gehe sich neben den Konzerten nicht aus. Doch rasch merkte ich, was ich noch alles zu lernen hatte, und begann, normal zu studieren. Das erste Jahr hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, ein profundes, in alle Richtungen gehendes Wissen zu haben, um sich im Beruf sicher zu fühlen."  Für ihn habe, das Studium ein großes Selbstbewusstsein ermöglicht. "Heute fühle ich mich freier und gleichzeitig stabiler!"

Mittlerweile studiert er nach dem Master Sologesang noch in jenem für Alte Musik, während er parallel dazu Engagements wahrnimmt: „So kann ich das gesamte Repertoire, das ich auf der Bühne mache, mit meiner Lehrerin durchgehen“, sagt Mühlbacher — und ist ein Beispiel für viele, die neben dem Beruf noch weiter studieren. Seine ehemalige Gesangslehrerin Uta Schwab gehört immer noch zu seinem „Beraterstab“, wie Mühlbacher sagt. "Wir probieren Sachen aus und sprechen auch über praktische Fragen im Sängeralltag wie etwaige Absagen bei Krankheit und ähnliches!"

Dass er auch weitere Lehrpersonen für das Hauptfach hatte, entspricht dem, was der MUK-Institutsleiter Bartolo Musil sagt: Selbst, wenn in den Anfangsjahren, wie Musil betont, „die Person, der man sich ganz anvertraut und die die Stimme besonders gut versteht und weiterbringt, besonders wichtig ist, wünsche ich mir für eine spätere Phase des Studiums eine Entwicklung in Richtung Teamteaching, damit man unterschiedliche Impulse bekommt“ — und betont dabei vor allem die Rollengestaltung. […]

Einsingen ist erst der Anfang
Immer noch ist Wien ein Anziehungspunkt für -jene, die eine Sängerkarriere starten wollen.
Das Feuilleton. Zeitung für Debatte, Kultur, Medien und Zeitgeschichte
Wien, am 12.12.2024, S. 12-13
Von Theresa Steininger