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Die Wiener Staatsoper — ein österreichischer Mythos

Thu, 06.11.2025, 12:43 Uhr

Die ORF-Fernsehdokumentation „Wiener Staatsoper — Weltbühne für Österreich“ stellt sich aus Anlass des 70. Jahrestags der Wiedereröffnung der Frage, warum ausgerechnet die Staatsoper für die Bildung der österreichischen Identität — über verschiedene politische Systeme hinweg — so prägend werden konnte.

Über alle Zeitbrüche hinweg, 1918 oder auch 1945, diente die Oper als Rückgriff, die Idee von Österreich wiederzufinden. Ebenso von eigenen Mitverantwortungen abzulenken. Erich Boltensterns Innenraum der Oper wurde zum Ausdruck eines ewig gültigen Österreich-Verständnisses, hätte aber auch anders aussehen können, wie die Dokumentation verdeutlicht: Statt eines Logentheaters wie in der Monarchie hatte Boltenstern auch ein offenes, demokratischeres Rangtheater angedacht. Doch der Rückgriff auf die alte Idee der Oper sollte sich durchsetzen — und so schaffte Boltenstern eine Innengestaltung, die so tat, als wäre sie so immer schon dagewesen. Und ein ganzes Land, ja die Welt schloss sich dieser Sicht auf die Wiener Staatsoper nur bereitwillig an. Dies wurde zum Zeitpunkt der Wiedereröffnung am 5. November 1955 deutlich. Wien und Österreich standen im Blick der Weltöffentlichkeit. Und erst vom Moment an, an dem die Oper spielte, brach ein ganzes Land vor den Augen der Welt in eine neue Zukunft auf. Diesen Anspruch trägt die Oper bis heute in ihrem quasi „genetischen“ Code mit. 

Mit einer Reihe von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, Expertinnen und Experten versucht die Dokumentation dem Stolz auf die Staatsoper mit historischer Genauigkeit zu begegnen. Wer Österreich verstehen will, darf mit diesem Film ins Getriebe dieser Institution schauen, in der sich heute internationale Stars die Klinke in die Hand geben – und selbst oft verwundert sind, dass sich ein ganzes Land mit dieser Institution derart identifiziert. Mit den Stimmen und Eindrücken der Zeit- und Musikgeschichte von Susana Zapke (MUK) und Oliver Rathkolb, den Kunstexpertinnen Monika Platzer und Lisa Ortner-Kreil, dem Zeitzeugen der Eröffnung Peter Marboe, Staatsoperndirektor Bogdan Roščić, Sängerinnen und Sängern der „Verkauften Braut“ und nicht zuletzt zahlreichen Mitgliedern der Wiener Staatsoper, darunter auch Akteuren mit einem großen „Heimspiel“-Gefühl wie Georg Nigl.

Hinweis: Die Dokumentation kann unter folgendem Link bis 03.05.2026 abgerufen werden: https://on.orf.at/video/14298133/wiener-staatsoper-weltbuehne-fuer-oesterreich

„Wiener Staatsoper — Weltbühne für Österreich“, 
Idee und Buch: Gerald Heidegger, Regie: Alexandra Venier
Ursendung ORF2, 05.11.2025, 22:34 Uhr, verfügbar bis 03.05.2026