Seit vielen Jahren dreht sich Eva-Maria Schallers choreografisches Schaffen um eine emanzipatorische, verkörperte Tanzgeschichtsschreibung. In dieser neuen großen Arbeit entsteht mit einer Komposition von Matthias Kranebitter ein zeitgenössisches Opéra-ballet, das mit einer Tänzerinnenbiografie beginnt und tief in die eigenen Erinnerungen auf und hinter der Bühne abtaucht. Eine Kooperation u. a. mit dem Institut für Tanz der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK), dem Tanzquartier Wien.
Die derzeit meistbeachtete Größe der Wiener Tanzszene ist die Draufgängerin Florentina Holzinger, gefolgt von der sozialexperimentellen Choreografin Doris Uhlich. Mehr Zeit als diese beiden hat sich Eva-Maria Schaller für die Entwicklung ihrer Künsterinnenbiografie gelassen. Erst jetzt, als Enddreißigerin, kommt sie mit der Uraufführung eines größeren Stücks heraus: O! A Biography mit Kompositionen von Matthias Kranebitter wird am Freitag und Samstag vom Tanzquartier Wien im Rahmen von Wien Modern präsentiert.
Spiel mit Historie
Entlang der Protagonistin in Virginia Woolfs Roman Orlando (1928) arbeitet Schaller ihr Leben als Tänzerin auf, während Kranebitter sich unter anderem auf Georg Friedrich Händels Oper mit demselben Titel aus dem Jahr 1733 bezieht. O! A Biography wird als zeitgenössisches „Opéra-ballet“ vorgestellt u nd damit als ironisches Spiel mit einer historischen Gattung. […]
Schaller, die mit klassischem Ballett begonnen hat, ist als Künstlerin bisher mit Stücken wie Vestris 4.0 (2018) oder zuletzt Femenine (2022) aufgefallen und wesentlich näher an den Mitteln und Techniken des Tanzes geblieben als jene ihrer Kolleginnen, die sich für den Performance-orientierten Zweig der Choreografie entschieden haben. In den Wiederholungsschleifen unserer Gegenwart kann das den Möglichkeitsraum künstlerischer Arbeit mit dem Körper wieder deutlich erweitern. Kranebitter bringt Musikerinnen und Musiker des von ihm geleiteten Black Page Orchestra ein, Schaller tanzt selbst zusammen mit Mani Obeya und rund einem Dutzend Studierender aus dem Tanzbereich der Wiener Musik- und Kunst-Privatuniversität MUK. […]
Aufarbeitung eines Lebens als Tänzerin. „O! A Biography“ wird im Tanzquartier uraufgeführt
Die Presse, Kultur, 15.11.2024
Von Helmut Ploebst (Link via Pressreader Austria)
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Langgezogene Armbewegungen zu ebensolchen Streichertönen, Körper, die sich um sich selbst drehten, in Gruppen formierten. Sie sollten gemeinsam die Geschichte eines Lebens erzählen: O! A Biography von Eva-Maria Schaller will sich in Erinnerungen auf die Suche nach Identität machen und davon berichten, wie Schallers Lebenslauf mit Werken wie Tosca und Zauberflöte verbunden ist. Vieles ließ sie nur kurz aufflackern, fluid war die Bewegungssprache der Tänzerinnen und Tänzer, neben ihr und Mani Obeya waren dies Studierende am Wiener MUK. […]
Viele Ichs im Fluss: „O! A Biography“ im Tanzquartier - Choreografin Eva-Maria Schaller brachte O! A Biography zu Wien Modern ins Tanzquartier
Die Presse, 16.11.2024
Von Theresa Steininger (Link)
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„O! A Biography“: Fotodokumentation von Wien Modern, Fotos Apollonia Theresa Bitzan (Link)
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[…] Im Tanzkörper von Eva-Maria Schaller sind persönliche Erinnerungen und auch die gesamte Tanzgeschichte gespeichert, Fragmente eines Puzzles. O! A Biography, nennt die Tänzerin und Choreografin ihr Opéra-ballet. Wobei O! nicht nur für einen Ausruf des Erstaunens, sondern auch für Orlando, die Fantasiefigur in Virginia Woolfs gleichnamigen Roman. Im Rahmen von wien modern ist das Opéra-ballet […] im Tanzquartier uraufgeführt worden. […]
Die von Matthias Kranebitter komponierte Musik feuert das verwirrende Chaos an. Gespielt wird die Komposition von Kranebitters Black Page Orchestra – 12 Musikerinnen plus Kranebitter am Elektronik-Board –, getanzt wird von 12 Studentinnen des Studiengangs Tanz an der MUK. Sie sind die Erinnerungen, bewegen sich tranceartig, rasen durch Zeit und Raum, finden zusammen, werden zum kompakten Erinnerungskörper, driften wieder auseinander, tanzen fröhlich im Kreis wie Kinder. […]
Eva-Maria Schaller: Ich, das sind viele,
Tanzschrift, 16.11.2024
Von Ditta Rudle (Link)