Für ihre Bachelor- und Masterarbeiten erhalten Flóra Boros, David Delgado Martinez, Tobias Meissl, Maxime Paschoud und Veronika Wöhri jeweils ein Stipendium der Kulturabteilung der Stadt Wien.
Die wissenschaftlichen Abschlussarbeiten der fünf MUK-Absolvent*innen wurden von der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7), Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft, mit je einem Stipendium im Wert von EUR 1000,— ausgezeichnet.
How can game theoretical frameworks be implemented in contemporary dance?
Studiengang Zeitgenössischer und Klassischer Tanz, Bachelorarbeit (Juni 2021)
Betreuung: Univ.-Prof.in Esther Balfe
Spieltheorie ist eine angewandte mathematische Theorie, wobei die interaktiven Entscheidungsprozesse der Beteiligten modelliert werden. Da sich der zeitgenössische Tanz im Laufe der Jahre weiterentwickelt, haben auch andere Disziplinen einen Einfluss darauf. Die Schaffung von Hindernissen und die Verwendung mathematischer Strukturen im choreografischen Prozess ist kein neues Phänomen. Jedoch könnte die Entwicklung eines spieltheoretischen Rahmens als Werkzeug zur Erweiterung des Kreationsprozesses im zeitgenössischen Tanz neue Situationen, choreografische Konfigurationen und Bewegungen ermöglichen. Durch die Ausbreitung des interdisziplinären Ansatzes in den letzten Jahrzehnten ist die Korrelation zwischen Kunstformen und wissenschaftlichen Forschungen von zentraler Bedeutung, da sie die Wahrnehmung der Zukunft prägt. Spieltheorie könnte als nützliches Werkzeug dienen und als Katalysator wirken, um Bewegung im Körper zu erzeugen, indem Hindernisse sowie Regeln und Szenarien geschaffen werden.
Flóra Boros, geboren 1997, lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Wien und zeitgleich im Studiengang Zeitgenössischer und Klassischer Tanz an der MUK. Ihre neue Solo-Performance Cindy erhielt mehrere Residenzplätze, wie D.iD mit Betreuung von Liz King, Tender Steps Residency mit Betreuung von Costas Kekis, Huggy Bears Art Place, sowie ein Stipendium für ATLAS 20222 beim Impulstanz Festival. Zurzeit arbeitet Flóra an der Einsetzung von Spieltheorie im zeitgenössischen Tanz.
Aesthetics Of Distortion_Technique Of Saturation
Studiengang Saxophon, Masterarbeit (Februar 2021)
Betreuung: Univ.-Prof.in Dr.in Susana Zapke
Die Arbeit handelt von Verzerrung (Distortion) und Sättigung (Saturation) - einer musikalischen Strömung, die Grenzen erforscht. Nicht nur die Grenzen des Klangs und all seiner Parameter, sondern auch die Grenzen der Kunst, des Hörens, der Aufführung, der soziokulturellen Vorstellungen, des Ausdrucks, der Grenzen der Klangräume und der menschlichen Sinne und Fähigkeiten. Das Ziel der Sättigungskünstler besteht nicht darin, ein einfaches künstlerisches Objekt zu schaffen, sondern eine kritische Haltung gegenüber dem sozialen und politischen Kontext zu erzeugen und die Gewalt des sozioökonomischen Systems durch den künstlerischen Akt zu reflektieren.
David Delgado Martinez, geboren 1992 in Ponferrada (Spanien) wurde im Alter von 17 Jahren in das Conservatorio Superior de Musica Eduardo Martínez Torner aufgenommen (Abschluss 2014). Außerdem studierte er an der PESMD Bordeaux-Aquitaine und an der MUK. Seine Leidenschaft gilt der zeitgenössischen Musik und er arbeitet(e) mit Komponist*innen wie Alberto Bernal, Chistophe Havel, Juan Arroyo, G.F. Haas, Edson Zampronha, Olga Neuwirth, Alberto Bernal u. a. und ist Gast in diversen Orchestern. Im Bereich der Kammermusik ist er Mitglied von Gruppen wie Iberosax, Ensembe de saxophones du CRR "Jaques Thibaud", Vienna Saxophonic Orchestra, Spectre Quartet u.a., mit denen er an zahlreichen Festivals rund um den Globus teilnahm. Im Jahr 2013 gewann er als Solist den ersten Preis im „Concurso Internacional de Saxofón Ramón Guzman". Künstlerische Stipendien ermöglichten ihm als Musiker zu wachsen. Derzeit ist er Mitglied in einem Orchester in Spanien und konzentriert seine Bemühungen auf die Verbreitung Neuer Musik, indem er Konzerte und Seminare in der ganzen Welt gibt.
Harmonische Superposition – Ein kontrafaktischer Zugang zu zeitgenössischer (Jazz-) Improvisation und Komposition
Studiengang Jazz-Komposition & -Arrangement, Masterarbeit (Oktober 2021)
Betreuung: Univ.-Prof. Andrew L. Middleton
Anhand verschiedener Parallelen zu Konzepten aus der Quantenphysik (Superposition), Philosophie (u. a. Multiplizität, Differenz, und Vize-Diktion bei Deleuze), der Idee der Kontrafaktizität in der historischen Forschung („Was wäre, wenn…?“) und nicht zuletzt der afro-amerikanischen Kulturtechnik des Signifyin(g) wird ein Verständnis von Improvisation als Prozess des Werdens, einer Bewegung von Bekanntem hin zum Unbekannten beschrieben. Es lauern unendlich viele Varianten eines Stücks-als-Multiplizität im virtuellen, Stadium vor der Fixierung (durch Notation bzw. Erklingen-Lassen) und stehen einander (wie verschiedene Quantenzustände vor der Messung) auch nicht im Weg. Ein zentraler Gedanke ist es also, diese Varianten durch das (bewusste und informierte) gegen-die-(harmonischen)-"Fakten"-Spielen bzw. -Hören zu entdecken und dadurch Erkenntnisse darüber zu gewinnen, was ein Stück (jenseits der einen in Notation oder Aufnahme fixierten Variante) noch sein kann. Diese mitunter etwas abstrakten Gedanken werden mit einer Vielzahl an Zitaten verschiedener Größen der (Jazz-)Musik des 20. und 21. Jahrhunderts untermalt und (zumindest teilweise) geerdet.
Tobias Meissl wurde 1993 in Wien geboren. Von 2013 bis 2016 studierte er Jazz Composition am renommierten Berklee College of Music in Boston, USA (Vollstipendium, Abschluss summa cum laude) und von 2017-2021 Jazz-Komposition & -Arrangement an der MUK (Bachelor- und Masterabschluss mit Auszeichnung). Meissl lebt und arbeitet als Komponist, Vibraphonist und Pianist in Wien und beschäftigt sich intensiv mit dem Verhältnis von Komposition und Improvisation. Neben der Leitung eigener Ensembles ist er ein gefragter Sideman in der jungen Wiener Jazzszene. Seit 2017 unterrichtet Meissl Mallets an der Musikschule Klosterneuburg.
Über das gesunde Üben - Aspekte zur Prävention und Behandlung der Musikerdystonie
Studiengang Flöte, Masterarbeit (September 2021)
Betreuung: Mag.a Dr.in Susanne Abed-Navandi
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen dem Üben und der Entwicklung einer Musikerdystonie, einer Erkrankung, die mit der Beeinträchtigung feinmotorischer Bewegungen einhergeht. Anhand rezenter Publikationen im Themenbereich der Musikerdystonie werden Übekonzepte dargelegt, die hinsichtlich der Prävention dieser Erkrankung sinnvoll erscheinen. Wichtige Ziele der Arbeit sind, einen gesunden Umgang mit dem Instrument und ein schonendes Übeverhalten zu fördern sowie Aufmerksamkeit für die Musikerdystonie beim Lehrköper zu erregen. Dafür werden die grundlegenden, neurologischen Mechanismen dieser Erkrankung erläutert, womit eine Brücke zwischen Medizin und Musik geschlagen wird.
Maxime Paschoud wurde 1997 geboren und wuchs in der Schweiz auf. Er besuchte ein Musikgymnasium in Lausanne und schloss 2018 seinen Bachelor in Konzertfach Flöte an der Musikhochschule Luzern in der Klasse von Sarah Rumer ab. Sein weiterer Weg führte ihn nach Wien an die MUK in die Klasse von Karl-Heinz Schütz und Jan Ostry, wo er 2021 seinen Mastermit Auszeichnung abschloss. Während seines Studiums konnte er Preise beim schweizerischen Jugendmusikwettbewerb und beim Lions Musikwettbewerb gewinnen. 2021 war er auch Stipendiat der internationalen Musikakademie Liechtenstein in der Klasse von Philippe Bernold.
What Access Really Says; Everybody Is Welcome
Studiengang Zeitgenössische Tanzpädagogik, Bachelorarbeit (Juni 2021)
Betreuung: Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Amort
Welche künstlerischen Mittel können eingesetzt werden, um Barrieren abzubauen? Um ein barrierefreies Erleben von zeitgenössischen Tanzstücken zu gewährleisten? Eine Menge an Werkzeugen steht zur Auswahl: von Audiodeskriptionen über Gebärdensprachdolmetscher*innen oder Tanzstücken in entspannter Atmosphäre abseits der klassischen Guckkastenbühne. Das Vorher und Nachher, die betanzten Orte und ein Gefühl des „Willkommen Heißens“ sind essentiell. In der Bachelorarbeit analysierte Veronika Wöhri, welche unterschiedlichen Möglichkeiten die Choreografin Claire Cunningham in ihrem Stück The Way You Look (at me) Tonight einsetzt und somit eine Ästhetik des Zugangs schafft. Interviews mit Wiener Choreografinnen zeigen einen ersten Einblick zur Situation in Österreich.
Veronika Wöhri, geb. 1994, lebt und arbeitet derzeit im oberösterreichischen Steyr. Nach dem Studium der Sozialen Arbeit (2012 - 2015) und der zeitgenössischen Tanzpädagogik an der MUK Wien (2017 - 2021) vereint sie nun in unterschiedlichen Arbeitsfeldern Tanz/Kunst mit sozialpolitischen Hintergedanken und diversen Zielgruppen, u. a. im 2020 mitbegründeten Verein KoLIBRI - Tanzinitiative Steyr und in einer niederschwelligen Suchteinrichtung der promente. Im Rahmen des Mobilitätsprogramms ERASMUS+ verbrachte sie einen Auslandsaufenthalt an der deutschen Hochschule für Künste im Sozialen. 2022 erhielt Veronika ein Stipendium für das Vermittlungsformat In the field bei den Wiener Festwochen.