JETZT! – Inklusives Ausbildungsprogramm von BURG und MUK

Thu, 05.06.2025
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„JETZT!“: Abschlusspräsentation am 17. und 18. Mai 2025 im Vestibül des Burgtheaters © Tommy Hetzel/Burgtheater
„JETZT!“: Abschlusspräsentation am 17. und 18. Mai 2025 im Vestibül des Burgtheaters © Tommy Hetzel/Burgtheater

„JETZT!“ ist ein neues und in Österreich einmaliges Professionalisierungsprogramm des Wiener Burgtheaters gemeinsam mit der Fakultät Darstellende Kunst an der MUK. Das an theaterbegeisterte Menschen mit Behinderungen adressierte Programm vermittelt Kompetenzen, die zum Vorsprechen an Schauspiel-Instituten oder bei Casting-Agenturen nötig sind.

JETZT! ist ein Programm für Menschen mit körperlichen oder kognitiven Behinderungen, die als Darsteller*innen professionell am Theater oder bei Film und Fernsehen arbeiten möchten. Das Programm wird jeweils für die Dauer einer Spielzeit bzw. eines Studienjahrs angeboten und ist eine Initiative von Burgtheater und dem Institut Schauspiel an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK). 

Diese in Österreich neuartige Initiative zielt auf einen gesellschaftlichen Umdenkprozess sowie auf eine selbstverständliche Inklusion von Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen und in sämtlichen Bereichen der Kulturwirtschaft.

Wöchentlicher Unterricht an der MUK

Nach öffentlicher Ausschreibung und Audition qualifizierten sich 2024/25 acht Personen für das Programm. In der Folge profitierten die Teilnehmenden von wöchentlichen Unterrichtsterminen gemeinsam mit Studierenden der MUK-Studiengänge Schauspiel und Tanz. Weiters gab es Monolog- und Bewerbungstrainings. Auf diese Weise sollten die individuellen Potenziale bestmöglich gefördert und entwickelt werden. 

Zwei Aufführungen im Mai

Am 17. und 18. Mai 2025 ging die Abschlusspräsentation über die Bühne des Burgtheater-Vestibüls: Gemeinsam mit Studierenden des 2. Jahrgangs Schauspiel an der MUK präsentierten die JETZT!-Trainees acht Monologe bzw. Szenen des klassischen und zeitgenössischen Repertoires, darunter Goethes Faust, Büchners Leonce und Lena, Thomas Bernhards Am Ziel, Ingrid Lausunds Konfetti oder Die Katze Eleonore der 1985 geborenen deutschen Theaterautorin Caren Jeß.

Die Studierenden der MUK umspielen die Szenen, moderieren sie ein, gaben explizit die – zusätzlich im Hintergrund der Bühne eingeblendeten – Szenenanweisungen. Es resultierte daraus ein für das Publikum reizvoller Brecht’scher Effekt, unterstrich aber insbesondere das für beide Seiten förderliche Zusammenspiel von Trainees und Studierenden. Das Programm wird 2025/26 weitergeführt.

„Neue künstlerische Formen“

Im Programmheft zu dieser Präsentation resümiert die Künstlerische und Projektleiterin Constance Cauers (MUK), dass mit JETZT! ein eminenter Schritt in Richtung einer konkreten Institutionalisierung von Inklusion vollbracht worden sei. Darüber hinaus sind auf dem Weg des inklusiven Arbeitens „neue künstlerische Formen entstanden“, und zwar „nicht aus einem Konzept heraus, sondern direkt aus dem Zusammenspiel verschiedener Perspektiven“. 

In einem Interview, das im April in der Fachzeitschrift Die Bühne erschienen war, hatte Cauers das Menschenrecht auf Inklusion für den Bereich 'Theater' wie folgt benannt: „Welche Bedingungen brauchen Künstler*innen mit Behinderung, um in ihrer Kunst nicht behindert zu werden?“ — Das Programm JETZT!, das mit Unterstützung von Unternehmen und privaten Sponsor*innen als Kooperation des Burgtheaters und der MUK im Spiel- und Studienjahr 2025/26 in die zweite Runde geht, soll dazu beitragen, diese Bedingungen zu schaffen.

Positive Rezeption

Der im November 2024 vom Burgtheater sowie vom Österreichischen Behindertenrat publizierte Call zur Bewerbung wurde breit und positiv rezipiert. Für viele Medien war die im Vorfeld des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember lancierte Ausschreibung Anlass dazu, die ausbaufähige Situation in Österreich zu thematisieren: Die mangelnde Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung auf Österreichs Bühnen scheitere nicht nur an der begrenzten Barrierefreiheit der historischen Baulichkeiten, sondern auch daran, dass für Begabte mit Behinderungen bislang keine Ausbildungsmöglichkeiten angeboten worden sind.

Allerdings: Die Auszeichnung des Theaterautors Valentin Schuster (2024) sowie der Performerin Saioa Alvarez Ruiz (2023) mit österreichischen NESTROY-Theaterpreisen erweist den Handlungsbedarf an heimischen Institutionen, wo Bewerber*innen bisher mitunter als „Einzelfälle“ abgewiesen worden sind. Dieser Problematik soll das Professionalisierungsprogramm JETZT! begegnen. Als inklusives Paradebeispiel im Bereich größerer deutschsprachiger Bühnen gelten übrigens die Münchner Kammerspiele, wo sieben Menschen mit Behinderung als Ensemble-Mitglieder engagiert sind.

In Kooperation mit dem Burgtheater Wien.