Als Spielart der Boulevardkomödie unterhält die Operette seit ihren Anfängen in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine enge Beziehung zur Großstadt, ihren Straßen und der Menge, die dort unterwegs ist. In Paris und anderen Metropolen Europas wurde diese Menge als Unruhestifterin seit 1789 gleich mehrfach auffällig. Zudem prägte sie das Stadtbild dadurch, dass sie im Vergnügungsleben ihrem Bewegungsdrang freien Lauf ließ.
Der Vortrag geht den Operettenchoreographien der mobil gemachten Menge nach und beleuchtet die Verquickungen dieses Unterhaltungstheaters sowohl mit der politischen Geschichte moderner Massenbewegungen als auch mit den industriellen Revolutionen in Verkehr und Technik, dank deren die Verhältnisse ständig neu zum Tanzen gebracht werden. Ihnen verdanken die Theaterfeste dieser turbulenten Musikdramen ein ebenso buntes wie nomadisches Personal, das den häuslichen vier Wänden – bis dahin typischer Komödienschauplatz – freiwillig den Rücken kehrt, wenn es denn überhaupt ein Heim besitzt.
Vortragende: Ethel Matala de Mazza
Ethel Matala de Mazza ist Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre Forschungen gelten der Literatur- und Theoriegeschichte des politischen Imaginären, der Theorie und Ästhetik kleiner Formen sowie Wechselbeziehungen zwischen Demokratie und Massenkultur. 2018 erschien ihre Monographie Der populäre Pakt. Verhandlungen der Moderne zwischen Operette und Feuilleton (Frankfurt/Main: Fischer Verlag).
Eine Veranstaltung aus der Reihe MUK meets IFK.
Diese Veranstaltung wird online via Zoom zur Verfügung stehen:
https://us02web.zoom.us/j/89956066410