Fachtagung „100 Jahre Radio in Österreich: Programmatik und Wirkungsmacht der RAVAG“

Mi, 23.10.2024, 09:00‒Do, 24.10.2024,  17:00  Uhr

Fachtagung 100 Jahre Radio in Österreich 1924—2024
Ein Massenmedium „… im Zeichen der Bildung, der Aufklärung und der Unterhaltung in die weitesten Kreise des Volkes“: Programmatik und Wirkungsmacht der RAVAG
[1924—1938 | 1945—1953]

Im Frühjahr 1924 begannen die Vorarbeiten zur Errichtung der Sendeanlagen der RAVAG (Radio-Verkehrs-Aktien-Gesellschaft). Der erste Sendetag am 1. Oktober 1924 wurde mit Musik von Richard Wagner, aufgeführt von der Künstlerkapelle Silving, festlich eröffnet.

Drei klar formulierte Aufgaben stellte sich der neue „Rundspruch“: „Bildung, Belehrung, Unterhaltung und Propaganda im Ausland für das geistige und kulturelle Niveau des heutigen Österreich und seiner Bewohner“ (RAVAG-Bericht von 1925). Zu diesem Zweck wurden drei Abteilungen gegründet: die wissenschaftliche, die musikalische und die literarische. Aufklärung und Bildung für ein breites Publikum standen somit im Mittelpunkt des RAVAG-Konzepts, was im Vergleich zu den USA oder Deutschland, wo die Unterhaltung im Vordergrund stand, ein Alleinstellungsmerkmal des österreichischen Rundfunks darstellte. Im Zeichen der Ersten Republik und des sozialdemokratischen Volksbildungsgedankens war das Massenmedium Radio somit ein ideales gesellschaftliches Gestaltungsinstrument.

Von der Fremdenverkehrsförderung bis zum anspruchsvollen Musikprogramm — inklusive Operetten- und Opernaufführungen —, von der verständlichen Vermittlung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse über Sprachkurse bis zur Einrichtung einer „Radiobühne“ mit prominenten Gastregisseuren deckte die RAVAG das gesamte kulturelle Spektrum von „ernst“ bis „populär“ ab.

1934 wurde das RAVAG-Gebäude in der Johannesgasse im 1. Wiener Gemeindebezirk von den illegalen Nationalsozialisten gestürmt und 1938 zugunsten des Berliner Reichsrundfunks (Reichs-Rundfunk-Gesellschaft, RRG/ab 39: Großdeutscher Rundfunk) abgelöst. Es entstand der Reichssender Wien, der der RRG unterstand. 1945 wurde der Sendebetrieb der RAVAG auf Veranlassung der sowjetischen Besatzungsmacht wieder aufgenommen. Erst 1953 wurde aus der RAVAG der Österreichische Rundfunk, dem alle Sender der Besatzungsmächte angegliedert wurden.

Die Fachtagung zur Geschichte der RAVAG, die bis 1938 ihren Sitz in der Johannesgasse 4a — der heutigen Adresse der MUK — hatte, lädt dazu ein, sich dem vielfältigen Programm des ersten österreichischen Rundfunks zu nähern und erste Einblicke in wenig beleuchtete Aspekte eines kulturell wirksamen Massenmediums zu gewinnen. Die RAVAG spielte von seiner Gründung 1924 bis zu seiner Auslöschung 1938 sowie während der Besatzungszeit von 1945 bis 1953 eine kohäsive gesellschaftliche Rolle und wurde zum Dreh- und Angelpunkt nationaler und internationaler Imagebildung.

Eine Veranstaltung der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien im Rahmen des Programmschwerpunkts 100 Jahre Radio in Österreich, 80 Jahre MUK in Kooperation mit dem DokuFunk-Archiv sowie mit Radio Österreich 1.

Konzeption und Koordination: Susana Zapke (MUK) in Kooperation mit Paulina Petri (DokuFunk-Archiv) sowie mit Christian Scheib (Ö1).

 

PROGRAMM

Mittwoch, 23. Oktober 2024

9:00 Uhr: Begrüßung durch MUK-Rektor Andreas Mailath-Pokorny
Begrüßung durch Paulina Petri, Christian Scheib und Susana Zapke


I. Grundlagen einer kulturpolitischen Entscheidung: Wie politisch war die RAVAG?
(Moderation: Susana Zapke)

9:30 Uhr: Pensold, Wolfgang (TMW): 100 Jahre Radio in Österreich – Geschichte einer nationalen Medienapparatur

10:00 Uhr: Hubner, Christoph (DokuFunk): Der Österreichische Rundfunk und der Föderalismus. Der ORF und seine neun Landesstudios

10:30 Uhr: Theis, Ernst: Radio Hekaphon, der erste österreichische Sender im politischen und künstlerischen Spannungsfeld 1923—1934  

11:00 Uhr: Pause

11:30 Uhr: Rathkolb, Oliver (Univ. Wien): Russische Stunde: Die RAVAG und die Rundfunkpolitik zwischen Proporz und Kaltem Krieg 1945—1955

12:00 Uhr: Berner, Elias (mdw): RAVAG gegen Rot-Weiß-Rot: Konkurrenz um die Nachkriegshörerschaft

12:30 Uhr: Mittagspause


II. Archivbestand und -verlust
(Moderation: Elias Berner)

13:45 Uhr: Liensberger, Michael (ORF): Das verschollene RAVAG Archiv

14:15 Uhr: Kapeller, Johannes (Mediathek): Schallplatten auf Sendung: Schellackplatten als Quelle der Radiogeschichte

14:45 Uhr: Petri, Paulina (DokuFunk): DokuFunk und Rundfunkforschung: Archivbestände und Fallbeispiele aus dem Projekt OE100RADIO

15:00 Uhr: Abschlussworte


Donnerstag, 24. Oktober 2024

III. Personen und Programmatik
(Moderation: Claus Tieber)

9:30 Uhr: Benedik, Stefan (HdGÖ) und Johannes Pötzlberger (HdGÖ): „Gott schütze Österreich“ — Medienkarrieren einer Untergangsinszenierung der RAVAG

10:00 Uhr: Eichmann, Hannes (Ö1): Geschichte der vielfältigen Beziehungen zwischen der RAVAG und den Salzburger Festspielen

10:30 Uhr: Gottfried, Daniel (MUK): Orgelmusik und Organist:innen in der RAVAG

11:00 Uhr: Pause

11:30 Uhr: Scheib, Christian (Ö1): Anmerkungen zur Rolle von Friedrich Wildgans von seinen ersten Kontakten zur Johannesgasse in den 1930er Jahren bis zu seinen ersten RAVAG-Sendungen zur zeitgenössischen Musik ab 1946

12:00 Uhr: Zapke, Susana (MUK): Die Wiener Konservatorien am Puls der Zeit. Personelle und programmatische Interaktionen mit der RAVAG (1924—1938)

13:00 Uhr: Mittagspause


IV. Tonzeugen: Schelllack-Sammlungen und Phonogrammarchiv
(Moderation: Christian Scheib)

14:30 Uhr: Fennesz-Juhasz, Christiane (Phonogrammarchiv, ÖAW) und Erna Ströbitzer (ÖNB): Die Volksliedersingen der RAVAG 1934—1937

15:00 Uhr: Hirschenberger, Wolfgang und Gerlinde Hnatek: Radio der Anfangszeit. Ein Programm für jedermann (1924—1938)

15:30 Uhr: Abschlussworte

Infomaterial
Termin
Mi, 23.10.2024, 09:00‒Do, 24.10.2024,  17:00  Uhr
Veranstaltungsort
Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, MUK.podium Johannesgasse 4a 1010 Wien
Kartenpreise
Eintritt frei
Eine Veranstaltung der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien in Kooperation mit dem DokuFunk-Archiv und mit Radio Österreich 1.
Kleines Studio der RAVAG, Johannesgasse 4a, fotografiert von Hermann Brühlmeyer 1930.  Foto © Hermann Brühlmeyer/Austrian Archives/brandstaetter images/picturedesk.com
Kleines Studio der RAVAG, Johannesgasse 4a, fotografiert von Hermann Brühlmeyer im Jahr 1930. Foto © Hermann Brühlmeyer/Austrian Archives/brandstaetter images/picturedesk.com