Stefan Heckel, Wolfgang Puschnig und Thomas Huber im Gespräch über Improvisation
Das Gespräch führte Christian Arseni in der Konservatorium Wien Privatuniversität.
Stefan Heckel, Du veranstaltest am 3. und 4. April einen Workshop mit dem Titel Free Improvisation — Spontaneous Composition. Wie definierst Du Improvisation?
Stefan Heckel Ich bezeichne Improvisation in der Musik als spontane Komposition, „real-time composing“. Improvisieren bedeutet unmittelbares und intuitives Musizieren nach mehr oder weniger vorbestimmten Strukturen. Dabei fließen die eigene musikalische Persönlichkeit, die Erfahrung, das eigene Repertoire und die Interaktion mit dem Umfeld ein.
Lebt der Jazz von der Improvisation?
Thomas Huber Improvisation ist das dominierende Merkmal des Jazz. Es werden nicht nur Solos einzelner Musiker improvisiert, auch der Unterbau — die Rhythmusgruppe — funktioniert weitgehend improvisiert über die gegebenen Rahmenbedingungen. Diese Rah-menbedingungen können eine Originalkomposition sein, zum Beispiel ein Song — oft auch mit Text —, eine Form wie die 12-taktige Bluesform, eine bestimmte Harmoniefolge oder auch stilistische Vorgaben wie Traditio-nal- oder Modern-Jazz, Latin, Avantgarde und andere Stile.
Stefan Heckel Der Jazz ist ja in einer Zeit entstanden — in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts —, als die Improvisation in der so genannten Kunstmusik sukzessive verdrängt worden war zugunsten der Fixierung und der exakten Reproduktion, zugunsten des Komponisten und des Interpreten. Im Jazz hingegen ist die Improvisation das zentrale Element. Ich selbst definiere Jazz für mich zuallererst über die Improvisation. Der Jazz hat sich durch die Improvisation weiterentwickelt und wird durch eben dieses Element auch weiterleben und sich fortentwickeln.
Was ist das Faszinierende am Improvisieren — auch im Hinblick auf das Zusammenspiel mit anderen Musikern?
Wolfgang Puschnig Die spontane Kreation aus dem Augenblick heraus ist unglaublich spannend: gemeinsam den unwiederholbaren Moment einer musikalischen Erschaffung erleben.
Thomas Huber Das Faszinierende am Improvisieren ist, dass man seine eigene musikalische Persönlichkeit, sein momentanes Empfinden, Ideen, Vorlieben, Sound, Phrasierung etc. zum Ausdruck bringen kann. Besonders spannend wird das in einer Gruppe, wo sich dann musikalische Kommunikation herstellt, wo aufeinander eingegangen wird und sozusagen kollektiv ein Statement abgegeben wird.
Stefan Heckel Je mehr Spieler beteiligt sind, desto komplexer wird die Interaktion, desto geforderter ist das musikalische Ohr als Impulsgeber. Sobald mindestens zwei Spieler miteinander improvisieren, kommt ja ein externer Trigger beziehungsweise die Reaktion auf ein solches Signal hinzu. Prinzipiell fasziniert mich das Unvorhergesehene, welches man beim Improvisieren erforscht (...)
Das gesamte Gespräch ist in der April-Nummer der Zeitschrift kontra. zum Thema Improvisation abgedruckt.