Klaus Sticken - Klavier Recital

Mi, 13.03.2013, 18:30 Uhr

Im Rahmen von Ausgewählte Kapitel der Klaviermusik.

Alexander Skrjabin (1872—1915)
Sonate Nr. 2 für Klavier solo gis-moll op. 19 "Sonate-Fantaisie"
    Andante
    Presto

Sergej Rachmaninow (1873—1943)
Etudes-Tableaux für Klavier zu zwei Händen op. 39
    Nr. 1: c-moll. Allegro agitato
    Nr. 2: a-moll. Lento assai
    Nr. 3: fis-moll. Allegro molto
    Nr. 4: h-moll. Allegro assai
    Nr. 5: es-moll. Appassionato
    Nr. 6: a-moll. Allegro
    Nr. 7: c-moll. Lento lugubre
    Nr. 8: d-moll. Allegro moderato
    Nr. 9: D-Dur. Allegro moderato. Tempo di marcia


Sergei Rachmaninoff und Alexander Skrjabin kannten sich aus ihrer gemeinsamen Studienzeit 1888-91 in der Klasse von Siloti am Moskauer Konservatorium. Die beiden waren in dieser Zeit zwar nicht befreundet, sollen sich aber durchaus geschätzt haben. Skrjabins Sonate-Fantaisie op. 19, die nur wenig später entstand, repräsentiert noch seinen frühen, an Chopin orientierten Klavierstil. Ab etwa 1910 verlief die Entwicklung der beiden Komponisten jedoch in unterschiedliche Richtungen: Skrjabin wurde zum Protagonisten einer fortschrittlichen Gruppe, die neue Wege hinaus aus der Tonalität beschritt. Rachmaninoff stand diesen Bestrebungen reserviert gegenüber, wofür er sich aus dem Skrjabin-Lager Provokationen und heftiger Kritik ausgesetzt sah. Als Skrjabin 1915 überraschend verstarb, reagierte Rachmaninoff jedoch überaus betroffen und unternahm eine Konzerttournee, die ausschließlich Werken Skrjabins gewidmet war. Auch wenn der Komponist Rachmaninoff zeitlebens ein Konservativer geblieben ist ("der letzte Romantiker"), so gilt er als Interpret als einer der ersten Vertreter eines "modernen" Klavierspiels. Es ist aus heutiger Sicht interessant, dass sein Vortragsstil nach Auffassung der Zeitgenossen nicht recht zu Skrjabins flüchtigem, flackernden, eruptiven Ausdruck passte. Für seine Interpretation von Skrjabins Werken wurde Rachmaninoff sogar von den eigenen Anhängern kritisiert. So schrieb der Komponist Anatoli Alexandrow:

"Das einzige Mal, dass mich Rachmaninoffs Spiel nicht befriedigte, war das Konzert mit Werken Skrjabins […]. Zwar gab es in dem Konzert glückliche Momente, wie etwa die glänzende Interpretation des fis-Moll-Präludiums op. 11 […]. Jedoch schien mir die Wiedergabe der größeren Werke, die das Programm enthielt […] fremd und in keiner Weise den Geist Skrjabins wiederzugeben."

Die Auseinandersetzung mit den Kompositionen Skrjabins hat sich andererseits stark in den 1916/17 entstandenen Etudes-Tableaux op. 39 niedergeschlagen. Nach dem 2. und 3. Klavierkonzert und der 2. Symphonie entstanden, ist dies sein letztes bedeutendes Werk vor der Emigration aus Russland. Im Vergleich mit den früheren Etudes-Tableaux op. 33 von 1911, die noch sehr den Préludes ähneln, ist der Klaviersatz hier wesentlich komplizierter und pianistisch anspruchsvoller. Rachmaninoff definiert durch seinen Etüden-Zyklus seinen eigenen Kosmos von Klaviertechnik und Klavierklang, wie es vor ihm schon die Pianisten-Komponisten des 19. Jahrhunderts Chopin, Schumann und Liszt getan haben. Seine pianistischen Lösungen sind durchaus originell, auch wenn die Anforderungen eines "Klaviersatzes mit vielen Noten" an sich nicht neuartig sind: Durchklingen von Melodietönen bei Doppelgriffen (Nr. 3, Nr. 8) oder Akkorden (Nr. 5), orchestrale Differenzierung durch Artikulation (Nr. 4, Nr. 7, Nr. 9), räumliche Orientierung und Sprünge (Nr. 5, Nr. 6, Nr. 8) und natürlich Leichtigkeit und Geschicklichkeit der Finger (Nr. 1, Nr. 3, Nr. 6). Der Titel "Etudes-Tableaux" ("Etüden-Bilder") deutet schon darauf hin, dass poetische Assoziationen den Kern der Stücke bilden. Als Rachmaninoff seine Etüden komponierte, hatte die Klavieretüde den ursprünglichen Charakter eines reinen Übungsstücks längst abgelegt: Schon Schumann dringt mit seinen "Symphonischen Etüden" in orchestrale Dimensionen vor, bei Liszt "transzendiert" der Geist die Technik ("Etudes d'exécution transcendante"). Eigentlich hatte Rachmaninoff gar nicht vor, die Programme seiner Etüden offenzulegen, um die freie Phantasie der Interpreten und Zuhörer nicht einzuschränken. Im Jahre 1929, also erst 13 Jahre nach ihrer Entstehung, schlug der Dirigent Kussewitzky dem Komponisten Ottorino Respighi vor, einige der Stücke für sein Orchester zu bearbeiten. Rachmaninoff war von der Idee so begeistert, dass er selbst 5 Etüden auswählte und Respighi in einem Brief Hinweise für deren Umsetzung gab. Demnach stellt op. 39 Nr. 2 die See und die Seemöwen dar, Nr. 6 ist durch das Märchen von Rotkäppchen und dem Wolf inspiriert und die letzte Etüde op. 39 Nr. 9 beschreibt einen orientalischen Marsch bzw. eine Jahrmarktszene. Besonders detailliert äußert sich Rachmaninoff zu dem Trauermarsch op. 39 Nr. 7:

"Lassen Sie mich noch einen Moment dabei bleiben. Ich bin sicher, dass Sie die Kapricen eines Komponisten nicht für lächerlich halten werden. Das erste Thema ist ein Marsch. Das andere Thema stellt den Gesang eines Chores dar. Der Satz beginnt mit Sechzehntelnoten in c-Moll und etwas später in es-Moll, die einen feinen Regen suggerieren, unaufhörlich und hoffnungslos. Dieser Satz entwickelt sich weiter, um in c-Moll zu gipfeln – dem Läuten der Kirchenglocken. Das Finale kehrt zum ersten Thema, dem Marsch zurück."

(Klaus Sticken)

Programmtext von Klaus Sticken

Infomaterial
Termin
Mi, 13.03.2013, 18:30 Uhr
Veranstaltungsort
Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, MUK.podium Johannesgasse 4a 1010 Wien
Kartenpreise
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