Hochbetagt ist Yvonne Jurmann, Modedesignerin, Mäzenatin und Witwe des weltbekannten Wiener Komponisten Walter Jurmann, am 20. Mai 2024 in Los Angeles verstorben. Yvonne Jurmann trat als Förderin der Künste in Erscheinung. So etwa lobt der „Freundeskreis Walter Jurmann” in Kooperation mit der MUK seit 2012 den Walter Jurmann-Gesangswettbewerb aus.
Yvonne Jurmann, geborene Jellinek, stammte aus Budapest und emigrierte im Jahr 1948 mit ihrer Mutter in die Vereinigten Staaten, wo sie in Los Angeles den Schlager- und Filmkomponisten Walter Jurmann kennenlernte und 1953 ehelichte. Walter Jurmann, geboren 1903 in Wien, stammte aus einer gutbürgerlichen jüdischen Familie. Im Rahmen einer breiten humanistischen Ausbildung erhielt er Musikunterricht und begann auf Wunsch der Eltern ein Medizinstudium. Jurmann fiel anlässlich eines Kuraufenthalts am Semmering mit seinen Improvisationen am Klavier auf und wurde als Barpianist engagiert. Auf Anregung des Wiener Texters Fritz Rotter ging Jurmann nach Berlin.
Von der UFA nach Hollywood
Bereits die erste Gemeinschaftsproduktion, Was weißt Du, wie ich verliebt bin (1928, gesungen von Richard Tauber) wurde ein großer Erfolg. In der Folge wurden Jurmanns Lieder von Stars wie Jan Kiepura, Hans Albers und Willy Fritsch interpretiert, die Aufnahme des Songs Veronika, der Lenz ist da durch die Comedian Harmonists ist bis heute legendär, mehr als ein Dutzend Filmkompositionen für Produktionen der UFA folgen bis Anfang 1933. Nach dem Machtantritt Hitlers emigrierte Jurmann über Frankreich in die USA, wo er in Hollywood einen Vertrag mit MGM antrat und (mit verschiedenen Partnern) Lieder für Filme wie A Night at the Opera von den Marx Brothers, Die Meuterei auf der Bounty und viele andere komponierte. Songs wie All God’s Chillun’ got Rhythm (aus dem Film A Day at the Races, 1937) gingen ins Repertoire des Jazz ein und wurden von Größen wie Duke Ellington, Lionel Hampton und Jimmy Dorsey eingespielt. Auch für das Genre des Musicals schrieb Jurmann Songs; nicht zuletzt erklang die von Walter Jurmann komponierte Hymne Thank you America 1944 im Rahmen der dritten Inauguration von Präsident Franklin D. Roosevelt.
Wiener Gedenkorte und „Rathausmann“
An Walter Jurmann erinnert seit 2003 die Walter-Jurmann-Gasse (1230, Atzgersdorf) sowie seit 2006 eine Gedenktafel am Geburtshaus (1020, Große Stadtgutgasse 7). Yvonne Jurmann hatte seit dem Tod des Komponisten dessen Nachlass in Zusammenarbeit mit der UCLA verwaltet. Yvonne Jurmann setzte sich insbesondere für den künstlerischen Nachwuchs in Wien ein. Im Mai 2015 wurde sie anlässlich ihres 90. Geburtstags von der Stadt Wien durch das Ehrenzeichen „Goldener Rathausmann“ geehrt.
Gesangswettbewerb an der MUK
Seit 2012 veranstaltet der Wiener „Freundeskreis Walter Jurmann“ biennal den Walter Jurmann-Gesangswettbewerb an der MUK für Studierende der Abteilungen Gesang und Oper, Musikalisches Unterhaltungstheater und Schauspiel sowie des Lehrgangs Klassische Operette. Als Repertoire für diesen Wettbewerb dient das reichhaltige Oeuvre des Komponisten, das — in neuer Edition des Verlags Schott (Mainz) — auf diesem Wege an die junge Generation weitergegeben und der Öffentlichkeit in Erinnerung gerufen wird.
Bisherige Gewinner*innen waren u. a. Eva Maria Prosek und Judith von Orelli (2012), Juliette Khalil und Nathan Trent (2014), Alexandra Alexandrova, Raphael Groß, Cassandra Schütt und Lukas Weinberger (2016), Julia Sturzlbaum, Deike Darrelmann, Lea Gordin und Lara Sienczak (2018) sowie Caroline Hat, Moritz Mausser, Christopher Green, Hannah Schranz, Kathrin Schreier und Lisa Rottensteiner (2021). Unter Ehrenschutz von Yvonne Jurmann versammelte sich biennal eine prominent besetzte Jury.
Mailath-Pokorny: „Zu tiefem Dank verpflichtet.“
Andreas Mailath-Pokorny, Rektor der MUK und in früher politischer Position wesentlich an der Benennung einer Straße nach Walter Jurmann beteiligt, gedenkt der Mäzenatin und der persönlichen Begegnung mit dieser: „Kunst braucht nicht nur Können, sondern auch Wissen um die Vergangenheit. Nicht zuletzt bedarf insbesondere die junge Kunst eines ökonomisch förderlichen Klimas. Yvonne Jurmann hat mit der Stiftung des Walter Jurmann-Gesangswettwerbs an der MUK ein vorbildgebendes Exempel statuiert: Die Liste der Preisträger*innen liest sich schon jetzt wie ein Who is Who der aktuellen Musik- und Musicalszene — ein deutliches Indiz für den Erfolg dieser pragmatischen Kunstförderung. Die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien ist der Mäzenatin zu tiefem Dank verpflichtet."