Unter dem Motto Kompositionsstudenten präsentieren ihre Werke starteten die Konservatorium Wien Privatuniversität (Prof. Wolfgang Liebhart) und das Konservatorium Shanghai (Prof. Yue Bei Wu) vor einigen Wochen ein interkulturelles Kooperationsprojekt.
Ein Bericht von Wolfgang Liebhart
Das Konzept
Die primäre Idee des interkulturellen Projekts Vienna goes Shanghai goes Vienna ist, Kompositions- und Dirigierstudenten beider Länder neugierig zu machen, sich mit den jeweiligen Gegebenheiten (musikalischer wie organisatorischer Art) des anderen Landes auseinanderzusetzen, neue Arbeitsweisen kennen zu lernen sowie das Interesse für das unbekannte zu wecken.
Nach einer Vorbereitungszeit von rund 18 Monaten, ging im Oktober 2007 das Austauschprojekt mit dem Konservatorium Shanghai (Abteilung für Elektronische Musik) in seine erste Phase. Diese in China zweitgrößte Musikinstitution, nach dem Zentralkonservatorium in Peking, unterhält Kooperationsverträge mit zwei weiteren österreichischen Musikuniversitäten (Wien und Salzburg). Die Folge ist, dass im Moment Austauschprojekte mit der KWU nur im kleineren Rahmen, z.B. von Abteilung zu Abteilung, möglich sind.
Den Erwartungen des laufenden Projektes, im Rahmen eines einwöchigen Aufenthaltes in Shanghai, die unterschiedlichen Kulturen einander näher zu bringen, aber auch Struktur und Arbeitsweise der jeweils anderen Institution besser kennen zu lernen, wurde man mehr als gerecht.
Die Abordnung der KWU setzte sich diesmal aus einem Lehrenden (Wolfgang Liebhart), fünf Studierenden unserer Kompositionsabteilung (Andreas Olszewski, Hyun-Do Kim, Daniel Moser, Lukas Neudinger, Jörg Ulrich Krah) und einer Dolmetscherin/Mitorganisatorin Hui Ye. Lehrer wie Studierende waren mit je einer Komposition vertreten (eine elektronische Komposition von Jürgen Mayer hatten wir auf DVD zusätzlich mit im Gepäck).
Die Werke der Kompositionsstudenten wurden von Kompositionslehrern beider Konservatorien ausgewählt. Alle ausgesuchten Stücke wurden im Rahmen von Probenarbeit und Workshops gemeinsam mit Instrumentalisten des Shanghaier Konservatoriums erarbeitet und am Ende der Arbeitswoche, in einem abschließenden Konzert, einem breiteren Publikum präsentiert. Das Interesse der Zuhörer war groß, und der Erfolg dieses Abends entschädigte alle Beteiligten für die Anstrengungen der vorangegangenen intensiven Probenarbeit.
Die Realisation
Ermöglicht wurde das Projekt erst durch die dankenswerte Unterstützung des Österreichischen Kulturforums Peking, das mit einer finanziellen Zuwendung von € 5.000 sämtliche Kosten für den Flug Wien-Shanghai-Wien übernahm. Auch die Gegeneinladung der chinesischen Delegation im nächsten Jahr ist durch eine Budgetzusage der KWU in Höhe von € 4.000 bereits gesichert.
Die Abholung vom Flughafen Shanghai sowie der Transport in das Hotel waren perfekt organisiert. Die reservierten Einzel- bzw. Doppelzimmer waren einfach, entsprachen aber westlichem Standard. Seitens des Gastgebers wurde pro Person für fünf Nächte inklusive 3 Frühstück bezahlt. Vom Hotel aus war das Konservatorium zu Fuß in zwei Minuten zu erreichen, was sich auf Grund der zahlreichen Proben als sehr günstig erwies.
Die Proben selber verliefen nicht immer reibungslos, da einzelne Musiker entweder unpünktlich waren, oder zu dem Zeitpunkt gerade Unterricht hatten und somit überhaupt nicht kommen konnten. Praktikabler und motivierender wäre es gewesen, die involvierten Musiker für die Dauer des Projekts unterrichtsfrei zu stellen. Gegen Ende der Woche besserte sich die Situation etwas, da die Instrumentalisten realisierten, dass die Kompositionen schwieriger waren als angenommen bzw. die Ansprüche der österreichischen Komponisten hinsichtlich der Umsetzung ihrer Partituren professioneller und höher waren als von ihnen ursprünglich angenommen.
Von ein zwei Ausnahmen abgesehen, agierten alle Musiker äußerst professionell. Die eigentlichen Schwierigkeiten resultierten eher aus dem schlecht koordinierten Probenablauf. Aufgrund dieser Probleme musste letztlich eines der geplanten Werke leider aus dem Programm genommen werden. Schwer hatte es auch die junge, in zeitgenössischer Musik noch völlig unerfahrene aber sehr engagierte Dirigentin, die alleine vier Stücke einzustudieren hatte. Dennoch standen alle Beteiligten geschlossen hinter dem Projekt und führten so das abschließende Workshop-Konzert zu einem großen Erfolg, der über die Kompositionsabteilung hinaus wahrgenommen wurde.
Professor Wu, Vorstand der Abteilung Elektronische Musik und Mitorganisator des Projekts, moderierte den sehr gut besuchten Abend. Neben den künstlerischen Aktivitäten gab es für die Gäste aus Österreich auch genügend Zeit, zumindest einen ersten Einblick in die enormen Dimensionen der Weltstadt Shanghai zu bekommen. Unsere Begleiterin und Dolmetscherin Hui Ye stellte für die sieben Aufenthaltstage ein umfangreiches und informatives Programm zusammen.
Ausblick
Der Auftakt zu dem mehrteiligen Shanghai-Wien-Projekt ist also gemacht. Der Gegenbesuch der chinesischen Musiker (5 Studenten, 2 Professoren) an der KWU ist für den Oktober 2008 geplant. Die ausgewählten Kompositionen müssen bis spätestens Mai in Wien eintreffen. Geplant ist, diese dann im Rahmen von „Praktikum Modern“, unter der Patronanz von Ernst Theis, mit den Gästen aus Shanghai gemeinsam zu erarbeiten und in einem Abschlusskonzert an der KWU zur Aufführung zu bringen.
Für die Gäste aus China wird es auch ein Rahmenprogramm geben. Neben unserer Institution, der KWU, sollen sie natürlich Wien an sich, aber selbstverständlich auch das reiche kulturelle wie gesellschaftliche Leben dieser Stadt kennen lernen. Angedacht ist, als Abschluss des ersten Durchgangs dieser Austauschidee, ein größeres Konzert mit Werken chinesischer und österreichischer Komponisten zu veranstalten. Über Termin, Ort wie auch die budgetäre Situation muss aber noch gesondert diskutiert werden. Letztlich bleibt zu hoffen, dass das ganze Projekt der Anfang einer länger währenden Zusammenarbeit zwischen den beiden Konservatorien ist.