Hellerau-Laxenburg

100 Jahre Bildungsstätte Hellerau-Laxenburg und ihre Bedeutung für die Kulturhauptstadt Wien

Projektleitung: Andrea Amort und Sonja Browne
Publikation (Fertigstellung 2025)

 

Die penible Erschließung des umfangreichen Text-Nachlasses der Tänzerin, Choreografin und Pädagogin Rosalia Chladek (Brünn 1905 - Wien 1995), die unter der Leitung von Andrea Amort im Team an der MUK von 2016 bis 2023 durchgeführt wurde, macht es nun möglich, einen neuen und frischen Blick auf eine vergessene innovative Bildungsstätte in Niederösterreich, nahe bei Wien, zu werfen.

2025 wird es 100 Jahre her sein, dass die österreichische Bundesregierung die ursprünglich in Hellerau bei Dresden angesiedelte, vom in Wien geborenen Musiker und Rhythmiker Emile Jaques-Dalcroze begründete Institution für Rhythmus, Gymnastik und Tanz einlud, nach Laxenburg zu übersiedeln. Die Einrichtung, der auch die international gastierende Tanzgruppe Hellerau-Laxenburg angehörte, wurde 1939 von der NS-Kulturpolitik geschlossen.

Was heute interessiert, ist einerseits die in Laxenburg innerhalb des interdisziplinären Ansatzes der Förderung eines ausgewogenen künstlerischen Lebens (inklusive Psychoanalyse) auf den kreativen tänzerischen Aspekt fokussierte Lehre, die sich an Laien und angehende Profis richtete. Andererseits aber auch der Karriere-Verlauf von zahlreichen Frauen-Biografien, die zwischen 1925 und 1939 in Hellerau-Laxenburg studierten.* Eine Vielzahl davon ist durch Korrespondenzen im vielgestaltigen Nachlass von Rosalia Chladek erhalten. Darüber hinaus enthält diese ungemein reiche Sammlung auch Hinweise und bislang unbekannte Korrespondenzen auf die jüdischen Studierenden und Lehrenden, die 1938 im Zuge der NS-Diktatur flüchten mussten, darunter der künstlerische Gesamtleiter Ernst Ferand und seine Frau Emmy, Keramikerin und Kostümbildnerin der Tanzgruppe Hellerau-Laxenburg, sowie der Komponist Arthur Kleiner.

Hellerau-Laxenburg war im Sinne des Lebensreformgedankens im Grünen angesiedelt. Die Bildungsstätte stand aber klarerweise im Austausch mit der Kulturhauptstadt Wien sowohl was künstlerische Auftritte und Lehrveranstaltungen betraf, etwa Kurstätigkeit an der Schwarzwald-Schule, als auch die Rezeption seitens der Medien und der in Wien tätigen Künstler*innenschaft. Letztlich würde die heutige Tanz-Landschaft in Wien sehr verändert aussehen, wenn nicht Hellerau-Laxenburg eine der wichtigen Grundlagen gelegt hätte. Dort entwickelte Rosalia Chladek ihre Lehrmethode, die bis heute zentrale Kraft am Studiengang Tanz an der MUK ist.

*Jüngste Funde in den Meldebüchern der Gemeinde Laxenburg machen eine intensivierte biografische Forschung notwendig, da wir nun statt der 70 vermerkten Personen, die in Laxenburg studierten nunmehr rund 1000 Namen haben. Die Herkunft der vor allem weiblichen Personen zeigt, dass die meisten aus Ungarn und Tschechien aber auch aus zahlreichen anderen Nationen kamen. Ein Umstand, der nun neue Fragen aufwirft, denen nachgegangen werden muss.

Das Projekt wird von der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) und dem Land Niederösterreich gefördert. 

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